Full text: Bismarcks Staatsrecht.

184 
Vielmehr hat man diesen Begriff ganz allgemein aufzufassen und 
unter demselben die Summe aller derjenigen von der Behörde, 
mag dieselbe eine gerichtliche, disziplinare oder Verwaltungs= 
behörde sein, vorgenommenen oder angeordneten Untersuchungs= 
akte und Maßnahmen zu verstehen, welche dazu dienen sollen, 
die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Verdachts der Verübung 
einer nach dem Strafgesetz oder disziplinarisch strafbaren Hand= 
lung zu ermitteln. Ist dies richtig, so sind durch eine 
dem Art. 31, Abs. 3, entsprechende Erklärung des Reichstages 
nicht bloß bestimmte, die Person des Abgeordneten direkt be= 
rührende Untersuchungshandlungen ausgeschlossen, sondern es 
wird jede zur Förderung des Verfahrens, zur Sicherung der 
Beweise, zur Erreichung der Ziele und Zwecke der Untersuchung 
dienende Maßnahme unzulässig, wie sie ein Teil des Straf= 
verfahrens ist. Die Maßregeln der Vorinstanz, durch welche die 
Verjährung gegen den Angeklagten unterbrochen sein soll, stellen 
sich dar als Akte, welche nach Wortlaut und Sinn den Zweck 
verfolgen, behufs Erleichterung des Verfahrens die Anwesenheit 
des Angeklagten im Inlande zu sichern und seiner Flucht in das 
Ausland hindernd entgegenzutreten. Es kann nun dahingestellt 
bleiben, ob sie als gegen den Angeklagten gerichtet den An= 
forderungen des § 68 des Strafgesetzbuches genügen; denn jeden= 
falls stehen sie nicht außerhalb des Strafverfahrens gegen den 
Angeklagten, bilden deshalb einen Teil desselben, und waren 
nach Art. 31 der Verfassung unzulässig. Demgemäß ist ihnen 
jede Rechtswirksamkeit und somit auch jede Einwirkung auf den 
Lauf der Verjährung abzusprechen. Hat hiernach eine Unter= 
brechung der Verjährung durch die erwähnten richterlichen Hand= 
lungen nicht stattgefunden, so muß angenommen werden, daß der 
Ablauf der Frist des § 22 des Preßgesetzes zur Zeit der Straf= 
verfolgung des Angeklagten hindernd entgegensteht. Bei dieser 
Sachlage ist ein Eingehen auf die von der Revision erhobenen 
Beschwerden ausgeschlossen und ist gemäß der §§ 393, 394 der 
Strafprozeßordnung, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Ur= 
teils, wie geschehen, zu erkennen.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.