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wesen; er hielt die direkten Steuern nur für einen harten und
plumpen Notbehelf, mit alleiniger Ausnahme einer hohen Ein=
kommensteuer für die wirklich reichen Leute. Im übrigen war
das Ziel, nach dem er sein Streben richtete, den Staatsbedarf
möglichst ausschließlich durch indirekte Steuern aufzubringen.
Sein Aufenthalt in Frankreich hatte offenbar dazu beigetragen,
ihn darin zu bestärken; denn er hatte dort gesehen, daß viel
größere Steuern, als bei uns, doch weniger drückend erscheinen,
weil in Frankreich, wie in England, die Staatsbedürfnisse vor=
zugsweise durch indirekte Steuern aufgebracht werden. Und was
auch theoretisch gegen diese gesagt werden könne, Tatsache sei
doch, daß man sie weniger fühle.
So handelte es sich denn für Bismarck, sobald er der Ab=
schaffung der Beiträge der einzelnen Staaten nähertrat, bald
um eine Reform der Besteuerung unseres Volkes überhaupt, und
zwar hatte er dabei von Hause aus die Absicht, die Steuern
in einer Weise zu kombinieren, daß mit den neuen Einnahme=
quellen zugleich eine Erleichterung in der alten Steuer und in
der Aufbringung der unvermeidlichen Lasten des Staates über=
haupt geschaffen werde. Der „unvermeidlichen“ Lasten, sagen
wir, denn er versicherte von vornherein:
„Ich kann mit bestem Gewissen erklären, daß ich keinen
Überschuß erstrebe, sondern nur die Deckung dessen, was uns fehlt.“
Schon damals wurde ihm der Einwand der parlamen=
tarischen Macht entgegengehalten; er wollte jedoch nicht glauben,
daß man um scheinbaren parlamentarischen Einflusses willen
unbequeme Steuern beibehalten wolle.
„Die parlamentarische Macht“, sagte er, „bleibt einer ver=
fassungstreuen Regierung gegenüber durch das Ausgabenbewilli=
gungsrecht gesichert, und einer der Verfassung nicht treuen
Regierung gegenüber sind ebenso wenig Bürgschaften zu finden,
wie einer parlamentarischen Kammer gegenüber, die in ihren
Beschlüssen sich an den Fortbestand des Reiches oder Staates
nicht weiter kehren wollte, sondern daraufhin beschließen, bis er
eben zu grunde ginge. Auf beiden Seiten muß man doch eine