Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Umständen und Einflüssen ziemlich gleiche Resultate gibt. Ich 
glaube, wenn wir heute auf der Basis des vereinigten Landtages 
wählten, würden wir ungefähr dieselbe Vertretung haben, und 
die Gesamtbestände der Vertretungen Deutschlands haben seit 
meiner parlamentarischen Laufbahn, seit 1847, nicht gewechselt; 
ich habe immer dieselben alten, zum Teil lieben, zum Teil 
kampfbereiten Gesichter mir gegenüber gesehen. Ich halte die 
Frage für offen, bis mir jemand überzeugend dartut, daß ein 
anderes Wahlgesetz besser ist und freier von Mängeln, als 
das im Entwurf vorgelegte und im Besitze besonderer Vorzüge, 
die dieses nicht hat. Die Frage ist diskutierbar; aber ich glaube, 
wenn wir uns in ihre Diskussion vertieften, würden wir die 
ganzen Bibliotheken, die über diese Frage im Laufe der letzten 
30 Jahre geschrieben worden sind, hier durchdiskutieren, und 
würden uns doch schwer einigen. Ein Vorwurf ist dem Wahl= 
gesetz aus dem Hause deshalb gemacht, weil es direkte Wahlen 
und nicht indirekte vorschreibt. Meiner Überzeugung nach bilden 
aber die indirekten Wahlen an sich eine Fälschung der Wahlen, 
der Meinung der Nation. Es läßt sich das schon aus einem 
einfachen Rechenexempel, welches ich schon vor 20 Jahren auf= 
gestellt habe, und hier wiederhole, darlegen: Wenn man an= 
nimmt, daß die Majorität in jeder Stufe der Wahl mr eins 
über die Hälfte zu sein braucht, so repräsentiert der Wahlmann 
schon mir einen Urwähler mehr als die Hälfte; der Abgeordnete 
repräsentiert nun einen Mann über die Hälfte der Wahlmänner, 
deren Gesamtheit ja schon nur etwas über die Hälfte der Ur= 
wähler repräsentiert, der Abgeordnete, wenn nicht sehr große 
Majoritäten überall tätig gewesen sind, ich nehme den schlimmsten 
Fall an, mit sehr kleiner, repräsentiert mit mathematischer Sicher= 
heit bei den indirekten Wahlen nur etwas über ein Viertel der 
Urwähler, und die Majorität der Abgeordneten in dem Falle 
nur etwas über ein Achtel des Ganzen. 
Dann habe ich stets in dem Gesamtgefühl des Volks noch 
mehr Intelligenz, als in dem Nachdenken des Wahlmannes bei 
dem Aussuchen des zu Erwählenden gefunden, und ich appelliere
	        
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