Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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solchen, wie schon gesagt, durchaus nicht schönen Dingen hin= 
reißen lassen. Aber daß man bei dieser Sachlage gerade die vom 
Parteigeiste Verführten mit Gefängnis nicht unter drei Monat 
und Verlust der Ehrenrechte bestraften müßte, das kann doch 
auch nur wieder jemand fordern, der unter dem weitestgehenden 
Einflusse dieses Geistes steht. 
Wenn aber Herr Lenzmann als Demokrat und Herr v. Hell= 
dorff als Konservativer in durchaus sachlicher Übereinstimmung 
ausgeführt haben: der Antrag greife in das freie Bestimmungs= 
recht der Arbeitgeber ein; der Arbeitgeber sei vollständig berech= 
tigt, sich mit solchen Arbeitern zu umgeben, die politisch seiner 
Ansicht sind; wenn derartige politische Antipoden zu so schwer= 
wiegenden prinzipiellen Bedenken kamen und kommen mußten, 
dann sollte man wohl meinen, daß der Antrag die Wurzel des 
Übels nicht an der richtigen Stelle suche. 
Vielleicht wäre die Kommission, welcher diese unreife Frucht 
ultramontanen Eifers für Wahlfreiheit zur Veredelung über= 
wiesen ist, in der Lage, Nachforschungen nach der wirklichen 
Wurzel des Übels anzustellen. Denn nach dem Grundsatze 
„gleiches Recht für alle“ wird man doch nicht die vom Partei= 
geist Verführten, also die minder Schuldigen, unter Strafe stellen 
und die Anstifter, diejenigen, welche die Erbitterung geschäfts= 
mäßig in die Wahlbeziehungen hineintragen, frei ausgehen lassen 
wollen? Wenn man aber das letztere nicht will, dann wird man 
die Übeltäter, gegen die man vorzugehen hätte, ganz wo anders 
suchen müssen, als da, wo sie der Antrag und die ihm prinzipiell 
geneigten am Sonnabend suchen und finden sollten. 
So wie diese Angelegenheit eingeleitet und von ihren Freunden 
im Reichstage traktiert worden ist, kann man nur der schon dort 
erhobenen Warnung beipflichten, daß sich diejenigen, die nicht zur 
Sozialdemokratie gehören, doch überlegen möchten, wessen Ge= 
schäfte sie denn eigentlich betreiben.“ 
Der Antrag auf Gewährung von Diäten an die Mitglieder 
des Reichstags ist bekanntlich oft wiedergekehrt und stets mit 
starker Majorität angenommen worden, ohne daß die verbündeten
	        
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