17
erhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht. Sodann
können gegen den Widerspruch des Präsidiums vom Bundesrate
keine Beschlüsse gefaßt werden, betreffend Abänderung der Gesetze
über das Zollwesen, über die Besteuerung des im Reichsgebiete
gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins und
Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen
dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz
gegen Hinterziehungen der in den einzelnen Bundesstaaten er=
hobenen Verbrauchsabgaben, sowie über die Maßregeln, welche
in den Zollausschüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze
erforderlich sind.
Das Veto des Kaisers kam einmal bei folgender Angelegenheit
zur Sprache. Als Bismarck entlassen war, tauchte die Version
auf, schon Kaiser Wilhelm I. habe bereits den Rücktritt des
Fürsten Bismarck erwogen und das letzte Abschiedsgesuch desselben
sei daher nur sehr kühl und geschäftsmäßig abgelehnt worden. Bis=
marck ließ von Friedrichsruh aus durch die „Hamb. Nachr.“
darauf antworten:
„Das letzte Abschiedsgesuch des Kanzlers war vom Kaiser
Wilhelm I. allerdings sehr kühl und einfach erledigt worden, und
zwar aus dem Grunde, weil sowohl die Einreichung des Gesuches
wie seine Erledigung vorher zwischen beiden verabredet worden
war. Das Gesuch bildete in diesem Falle die Form, in welcher
der Kaiser einem Bundesratsbeschluß widersprach, mit welchem
Sr. Majestät nicht einverstanden war.
Der Kaiser hat in der Reichsverfassung kein ausgesprochenes
Veto; er kann aber ein solches bis zu einem gewissen Grade
faktisch üben, wenn er erklärt, keinen Kanzler zu finden, der zur
Kontrasignation der Publikation bereit sei. Dieser Fall lag
vor, und der betreffende Bundesratsbeschluß blieb ohne amtliche
Folgen.
Das Ganze war ein politischer Schachzug von Kaiser und
Kanzler, die dabei in völliger Übereinstimmung einem beiden un=
willkommenen Bundesratsbeschluß erfolgreich entgegentraten. Jeder
sachkundige Zeitungsleser wußte das seit Jahren.“
Bismarcks Staatsrecht. 2