Das Staatsministerium.
In Preußen besteht verfassungsmäßig ein Gesamtministerium.
Es gehört zu dem Grundgesetze des Staates, daß die obersten
Verwaltungsbefugnisse in den Händen eines Kollegiums liegen,
und für gewisse Staatsakte reicht die Übernahme der Verant=
wortlichkeit durch einen einzelnen Minister nicht aus, sondern das
Gesamtministerium hat die Gegenzeichnung des Königlichen Willens
zu übernehmen. Im Deutschen Reiche dagegen gibt es nur
einen Beamten, dem eine politische Verantwortlichkeit beigelegt
wird, nämlich der Reichskanzler, der allen übrigen Beamten An=
weisungen erteilt, nach denen sie handeln müssen. Er kann
ihrem freien Ermessen vieles überlassen; aber es steht ihm in
jedem Augenblicke das Recht zu, ihnen in den Arm zu fallen,
ihr Ermessen einzuschränken, sogar ihre Anordnungen rückgängig
zu machen. Nicht allein das Recht, sondern sogar die ent=
sprechende Pflicht hat er, sobald er glaubt, für ihre Handlungen
die politische Verantwortlichkeit nicht übernehmen zu können.
Die Frage ist von dem Fürsten Bismarck wiederholt und
lebhaft erörtert worden. Die preußischen Einrichtungen hat er
überkommen; die Reichseinrichtungen hat er geschaffen. Die
preußischen Einrichtungen hat er wiederholt und herb getadelt,
und da die Umstände ihre Abänderung nicht wohl zuließen, so
hat er wenigstens durch sehr eindringliche Mittel dafür gesorgt,
daß sie ihn so wenig wie möglich in der Durchführung seiner
Absichten hemmten. Die Reichseinrichtungen hat er gerühmt.
Er hielt dieselben empfehlenswert für jeden Staat, und für