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vollends zusammenzubrechen. Daher mußte auch die Begründung
des Entlassungsgesuches durch Gesundheitsumstände als eine be=
rechtigte erscheinen. Der Reichskanzler vermißte, als er seinen
Abschied einreichte, namentlich bei einem seiner Kollegen die er=
forderliche Zustimmung und Unterstützung zur Ausführung von
Maßregeln auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik und des
Steuerwesens, die er für unerläßlich hielt, und die bisher nicht
in Angriff genommen werden konnten.
Am 10. März 1877 entwarf er im Reichstage die allge=
meinen Züge seines wirtschaftlichen Programms, indem er
erklärte, er habe den Eindruck, daß der Arme unter dem Regi=
mente der indirekten Steuern sich wohler fühle, und in diesem
Sinne wünsche er eine Erhöhung der Zölle und Steuern auf
nicht absolut notwendige, auf entbehrliche Artikel, Tabak und andere.
„Ich bin außer stande“, sagte er dabei, „die Friktionen zu
überwinden, die sich außerhalb dieses Hauses der Verständigung
über einen Entwurf der Steuerreform entgegenstellen. Sie
unterschätzen überhaupt die Friktionen, unter denen ein Minister
zu arbeiten hat, bevor er vor Sie hintreten kann und das erste
Wort spricht.“
Der Kanzler gab insbesondere der Mißstimmung gegen die
Stellung des Finanzministers einen sehr verständlichen Ausdruck.
Der steuerauflegende Minister dürfe nicht zugleich budgetverwal=
tender Minister sein. Letzterer werde immer mehr auf hohe
Erträge, als auf die bequeme Tragbarkeit der Steuern sehen;
auch die Verwaltung der Domänen und des sonstigen Staats=
eigentums müsse er aufgeben und dafür in ein näheres Ver=
hältnis zu den Reichsfinanzen treten. Der jetzige Geschäfts=
umfang erfordere eine so vielseitige Bildung, wie sie nur ein
Finanzminister von Methusalems Alter besitzen könnte. Es stehe
ja im übrigen nichts im Wege, daß der Finanzminister auch
noch Präsident des Reichskanzleramtes werde; nur sei es einfach
unmöglich, daß er neben seinen jetzigen Geschäften auch noch im
Bundesrat und dessen Ausschüssen präsidiere.
Um dem Wunsche des Reichskanzlers auf volle Entbindung