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Norddeutschen Bunde, Baden, Hessen, vertragsmäßig vereinbarten
Formulierung der norddeutschen Verfassung, sowie an die Stelle
der mit Bayern und Württemberg über den Beitritt zu dieser
Verfassung geschlossenen Verträge tritt. Der Eingang der Reichs=
verfassung konstatiert kurz diese geschichtliche Entwicklung, deren
Ergebnis eben die Verfassung ist.
In Friedrichsruh wurde die Stellungnahme der „National=
Zeitung“ bemängelt. Die „Hamburger Nachrichten“ erwiderten:
„Unsere Zeit hat wenig Neigung, sich auf staatsrechtliche
Silbenstechereien einzulassen, zumal wenn keine materielle Nöti=
gung dazu vorliegt. Auch bei der „National=Zeitung“ haben wir
früher keine solche Neigung wahrzunehmen vermocht. Wenn sie
plötzlich und in auffälliger Weise zu Tage tritt, so liegt es nahe,
an äußere Einwirkung zu denken. Wir würden es bedauern,
wenn dies zuträfe. Ohne Zweifel bildet die Verfassung die
Grundlage des Deutschen Reiches, seitdem sie an Stelle der
zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen vertrags=
mäßig vereinbarten Formulierung der norddeutschen Verfassung,
resp. an die Stelle der mit Bayern und Württemberg über den
Beitritt zu dieser Verfassung geschlossenen Verträge getreten ist.
Aber wir sehen nicht ein, welcher Schade dem deutschen Reiche
daraus entstehen sollte, wenn ein Deutscher Souverän, ein Mit=
glied der „verbündeten Regierungen“, verspricht, den „Verträgen“
Treue halten zu wollen, die das Deutsche Reich „begründeten“
und die in der Reichsverfassung ihren formalen staatsrechtlichen
Ausdruck gefunden haben. Selbst wenn der Ausdruck „Verträge“
vom Könige von Württemberg nicht zufällig, sondern absichtlich
gebraucht wäre, bliebe es ungerechtfertigt, daran Unterstellungen
zu knüpfen, welche sich in der Richtung der von der „National=
Zeitung“ gemachten Andeutungen bewegen. Bis jetzt sind im
deutschen Staatsleben nach unserer Wahrnehmung noch keine
Symptome aufgetreten, die sorgen ließen, daß die deutschen
Bundesfürsten das Bedürfnis empfänden, ihre föderalistische
Stellung im Reiche schärfer zu accentuieren. Wer den auf=
richtigen Wunsch hat, daß dies auch in Zubktunft nicht geschehe,