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so gemacht? damit das Interesse an den gemeinsamen Dingen
erhalten bleibe. Es ist ja zweifellos, daß hier den Angehörigen
eines jeden Einzelstaates die Fragen, die in der Reichspolitik zu
entscheiden sind, zum großen Teil wichtiger sind und schwerer
wiegen, als diejenigen, über die ein Landtag Beschluß fassen
darf. Kann denn der Einzelne sich teilen etwa in einen vom
Reiche indirekt und vom Landesherrn direkt besteuerten Bürger?
Ich nenne die Besteuerung hier nur als ein Beispiel; es gibt
unzählige andere Dinge, die nur der Reichsgesetzgebung unter=
liegen; aber diese greift so in unser Leben ein, daß es von er=
heblicher Wichtigkeit ist, diese Gesetzgebung mit der der Einzel=
staaten in Übereinstimmung zu halten.
Ich sehe dabei in dem Landtage etwas Ähnliches ungefähr
wie in Preußen dem Ministerium gegenüber die Oberrechnungs=
kammer. Die Landtage sollten, wenn ihre Regierungen im
Bundesrate eine nicht ganz durchsichtige Haltung zeigten, sich
doch soviel für die deutsche Hälfte ihres Wohlergehens inter=
essieren, daß sie die Minister fragen: Was habt Ihr dabei
gedacht, was für Gründe führt Ihr an, daß Ihr so gehandelt
habt?
Es ist ja dies die einzige Art von Ministerverantwortlich
keit, die wir überhaupt besitzen. Wir haben keine gesetzliche, keine
juristische. Die einzige, die wir haben, ist, daß einem Minister,
der etwas getan hat, von seinen Landsleuten gesagt werden
kann: Da hast Du Dich ungeschickt, um nicht zu sagen, recht
dumm benommen.
Die Auffassung im Lande von dem, was ein Minister tut,
sein guter Ruf und seine Ehrlichkeit sind die einzigen Faktoren,
welche einen Minister in seiner Verantwortlichkeit bestimmen;
etwas anderes haben wir nicht.
Wie steht es denn mit unsern Ministern im Bundesrate in
dieser Hinsicht? Wer kritisiert denn das, wer weiß denn, was
hier bei verschlossenen Türen verhandelt ist? Der Einzige, der
darnach zu fragen hat, ist der Landtag. Also, wenn das Parti=
kularismus ist, dann verdreht man die Worte. Im Gegenteil,