Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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ment nicht herbeilassen, denn es wäre meines Erachtens eine ein= 
fache Finanzspekulation dem Reiche gegenüber, die mir des 
preußischen Staates nicht ganz würdig erscheint, indem man 
durch den Namenswechsel dem Reiche Pflichten aufzubürden sucht 
für Dienste, welche wesentlich dem besonderen Interesse der 
preußischen Politik geleistet sind. 
Es hat vor 1866 niemand daran gezweifelt, daß es für 
Preußen nützlich wäre, Gesandte bei den einzelnen deutschen 
Höfen zu unterhalten. Nichtsdestoweniger hatten wir auch da= 
mals eine Bundesinstitution, und die Mitteilungen an deutsche 
Regierungen konnten ebensogut durch die Bundesgesandten gegen= 
seitig ausgetauscht werden wie jetzt. Es fragt sich nun, war der 
Gesichtskreis der deutschen Gesandtschaften Preußens vor 1866 
ein bedeutenderer oder jetzt? Ich behaupte unbedingt das letztere. 
Die eigentliche große Politik, wie sie mit den europäischen Mächten 
verhandelt wurde, kam auch damals an den süddeutschen Höfen, 
obschon unsere Verbindung dem Auslande gegenüber nicht so ge= 
schlossen war wie jetzt, nur selten und ausnahmsweise zur Sprache. 
— — Die Hauptaufgabe der Gesandten war: die Verständigung 
über das Auftreten am Bunde herbeizuführen und auf die ein= 
zelnen Regierungen und auf deren Stimmabgabe am Bunde 
einzuwirken. 
Wenn ich vorhin sagte, die Tätigkeit dieser Gesandten ist 
jetzt eine wichtigere, so ist das in demselben Maße, in dem die 
Stimmabgabe unserer Bundesgenossen im Bundesrate heutzutage 
wichtiger sind als damals im Bundestage, namentlich aber für 
Preußen der Fall. Die Vertreter der verbündeten deutschen 
Regierungen sprechen heute mit über unser preußisches Wohl und 
Wehe in allen Details der Gesetzgebung. Es kann für uns von 
großer Wichtigkeit sein, die Zustimmung des einen oder des 
andern Staates im Bundesrate, um das Stimmverhältnis her= 
zustellen, zu gewinnen oder einen Widerstand, der dagegen ge= 
leistet wird, zu überwinden. Dabei sind 24 Millionen Preußen 
heutzutage viel direkter und viel tiefer interessiert, als früher in 
Frankfurt jemals der Fall war. Daß diese Verständigung über
	        
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