Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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den damaligen Staatssekretär v. Podbielski angeschnitten, der zu 
diesem Zweck eine Reise nach München und Stuttgart unter= 
nahm, die jedoch ohne Erfolg blieb. Der bayrische Minister 
v. Crailsheim nahm damals Anlaß, sich wie folgt auszusprechen: 
„Die bayerische Regierung ist nichts weniger als unitarisch 
gesinnt. Der Unitarismus würde der Wohlfahrt des Reiches 
widerstreben. Fürst Bismarck hat die deutschen Bundes= 
fürsten die festesten Stützen des Reiches genannt. Es 
wäre ein Unglück, wenn ihnen die Freude am Reiche genommen, 
wenn durch zu große Zentralisierung das Verhältnis zwischen 
Fürst und Volk gestört würde.“ 
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Fürst Bismarck 
schwerlich jemals die Hand dazu geboten hätte, einen Druck auf 
die süddeutschen Staaten behufs Annahme einer einheitlichen 
Reichsbriefmarke auszuüben. Es widersprach dies seiner ganzen 
Haltung in der deutschen Frage. Er würde, wie es die jetzige Re= 
gierung tat, ruhig die notwendige Reform der Zukunft überlassen 
haben, die sie zweifellos bringen wird, denn es ist schwer ver= 
ständlich, daß der Norddeutsche, wenn er von Berlin über Leipzig 
nach Hof fährt, in Hof die Postkarte nicht verwerten darf, die 
zu benutzen in Leipzig noch erlaubt war. Freilich ist die ganze 
Angelegenheit nicht soviel wert, um ihretwegen die Empfindlich= 
keit der süddeutschen Staaten zu verletzen ⁹⁷). — 
In der Frage der Militärstrafprozeßreform kamen die bayeri= 
schen Reservatrechte erneut zum Ausdruck. Am 13. Oktober 1897 
hatte der bayerische Kriegsminister General Freiherr v. Asch im 
Finanzausschuß der bayerischen Abgeordnetenkammer die Erklä= 
rung namens der bayerischen Staatsregierung abgegeben, daß 
die bayerische Regierung für Wahrung der bayerischen Reservat= 
rechte in vollem Umfange eingetreten sei und dies mit Festigkeit 
auch in den weiteren Stadien der Verhandlungen tun werde. 
Zu irgend einer Beunruhigung sei für Bayern kein Anlaß ge= 
geben. Sollte eine gemeinsame Militärstrafprozeßordnung für 
  
⁹⁷)efr. „Vossische Zeitung“ vom 13. Mai 1901.
	        
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