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das Reich nicht zustande kommen, so verbleibe es in Bayern bei
dem bestehenden Gesetze.
Aus dieser Äußerung ging nicht hervor, daß die bayerische
Regierung die Beibehaltung eines eigenen obersten Gerichtshofes
in Militärstrafsachen als Reservatrecht ansah. Dagegen hatte
der Abg. Schädler für sich und seine Freunde die Erklärung ab=
gegeben, daß sie unbedingt an dem Reservatrecht Bayerns auf
Erhaltung seines obersten Gerichtshofes festhalten würden.
Zu derselben Angelegenheit schrieb die „Kölnische Zeitung“
im Oktober 1897:
„Bei dem Streit um das Reservatrecht wird der Kernpunkt
der Frage, wie unsern Söhnen und Brüdern im Heere das beste
und gerechteste Strafrechtsverfahren zu gewährleisten ist, in un=
zulässiger Weise in den Hintergrund gedrängt. Neuerdings hat
sich Prof. v. Seydel in München im Anschluß an seine früheren
Darlegungen dahin ausgesprochen, daß „nach dem Bündnisver=
trage es für Bayern nur Militärgerichte geben kann, die im
Namen des Königs von Bayern als des alleinigen und
ausschließlichen Inhabers der Militärhoheit Recht sprechen.“ Aber
Professor v. Seydel führt in diesem Gutachten weiter aus: „Das
Reich ist nicht gehindert, die Verfassung und das Verfahren der
Militärgerichte zu ordnen; es könnte auch gegebenenfalls be=
stimmen, wie das bayerische oberste Militärgericht gebildet werden
soll, gerade so wie es das bezüglich der Untergerichte kann.“ Wir
hoffen, daß diejenigen, welche die Autorität des Staatsrechts=
lehrers für den ersten Satz anerkennen, sie auch für den zweiten
Satz nicht abstreiten werden; dann dürfte unseres Bedünkens ein
praktischer Ausweg bei einigermaßen gutem beiderseitigen Willen
leicht zu finden sein. Das ist ausschließlich Sache des
Bundesrats.“
Die „Hamburger Nachrichten“ hatten in der Frage der Militär=
strafprozeßreform die Anschauung vertreten, daß Bayern keinen
verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen eigenen obersten Gerichts=
hof habe. Darauf war dem Blatte offenbar aus Friedrichsruh
eine andere Information zugegangen, infolge deren es schrieb: