Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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minister von Pfretzschner beruhigte hierüber seinen Landsmann 
und sagte, auch für Bayern sei es eine Beruhigung, wenn es im 
Falle eines ausbrechenden Krieges sofort seinen Anteil am Kriegs= 
schatz ausgezahlt erhalten könne. Der preußische Finanzminister 
Camphausen bestritt die Auffassung, daß dieser Kriegsschatz eine 
Beunruhigung hervorrufen würde, die Bildung desselben habe 
vielmehr eine sehr friedliche Bedeutung, freilich nur in dem Sinn, 
daß, je mehr Deutschland in der Lage sei, eine ihm zugefügte 
Unbill sofort abwehren zu können, desto mehr es in Europa ge= 
fürchtet und dadurch der Friede noch mehr gesichert werde. Die 
volkswirtschaftlichen Einwürfe seien dadurch hinlänglich widerlegt, 
daß nur auf diese Weise unsere Grenzländer vor feindlicher In= 
vasion geschützt werden könnten. Wenn eine feindliche Armee 
auch nur kurze Zeit auf unserem Gebiete stehe, könne sie mehr 
Schaden zufügen, als der Betrag des Kriegsschatzes ausmache. 
Der Patriotismus Deutschlands habe sich allerdings bewährt; aber 
es sei für Preußen eine auch nicht geringe Beruhigung gewesen, 
daß es bei Ausbruch des Krieges sofort im Besitz der erforder= 
lichen Mittel war. 
Bei der zweiten Beratung am 4. November 1871 beantragte 
Hoverbeck, daß die Kaiserliche Regierung über den Kriegsschatz 
nur unter vorgängig eingeholter Zustimmung des Bundesrates 
und des Reichstages verfügen könne, außer bei einem Angriff auf 
das Bundesgebiet, in welchem Falle die Zustimmung auch nach= 
träglich erfolgen könne. Die Kommission dagegen hatte die Ver= 
fügung von einer vorgängig oder nachträglich einzuholenden Zu= 
stimmung abhängig gemacht. Hoverbeck wollte durch seinen An= 
trag verhindern, daß etwa die Kaiserliche Regierung, im Besitz 
des Kriegsschatzes, Deutschland in einen Krieg verwickle, der nicht 
die Zustimmung des Reichstags habe. 
Fürst Bismarck erwiderte, Hoverbeck verlange für den 
Reichstag größere Rechte, als sie der Bundesrat habe. Dieser 
könne nach der Verfassung nicht die Mobilmachung, sondern nur 
die Kriegserklärung hindern. Durch die Annahme des Hover= 
beckschen Antrags bekäme der Reichstag die Macht, die Mobili=
	        
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