Die „Kölnische Zeitung“ bezeichnet diese Aufgabe selbst ganz
zutreffend, indem sie ausführt, daß die Bedeutung einer ersten
Kammer in Preußen, also in einem Staate mit konstitutionell=
monarchischer Regierung, eine wesentlich andere sei, als in einem
Staate mit palamentarischer Regierungsform, wie England oder
Frankreich. In diesen Staaten hänge die jeweilige Regierung
im wesentlichen davon ab, ob sie es verstehe, sich für alle ihre
Maßregeln die Zustimmung der Parlamentsmehrheit zu ver=
schaffen, dabei könne das Bestehen zweier gleichberechtigter Kammern
nebeneinander nur verwirrend wirken und zu schweren politischen
Kämpfen führen; in einem konstituell monarchischen Staate wie
Preußen hingegen, der sich nicht der vorübergehenden Volks=
strömung zu fügen habe, sei das Vorhandensein einer ersten
Kammer ein Sicherheitsventil gegen Überstürzungen in der Gesetz=
gebung. Der ersten Kammer, die nicht aus Volkswahlen hervor=
gehe, deren Mitglieder nicht der gefährlichen aura popularis ein
Opfer zu bringen hätten, falle die Aufgabe zu, eine heilsame
Bremse am Staatswagen zu bilden, namentlich in Zeiten, wo
der politische Weg steil und abschüssig sei. Das ist vollkommen
zutreffend, und wir glauben, daß das preußische Herrenhaus an
Fähigkeit, diesem politischen Zwecke zu entsprechen, verlieren
würde, wollte man seine Zusammensetzung in der Weise abändern,
wie es den Vorschlägen Dr. Friedbergs und der „Kölnischen
Zeitung“ entsprechen würde.
Diejenigen Elemente der Bevölkerung, die bei der jetzigen
Ernennung zum Herrenhause zu kurz kommen, gehören doch im
großen und ganzen nicht zu denen, bei welchen man die Neigung
voraussetzen darf, gegebenenfalls den Staatswagen zu hemmen,
wenn er einmal auf ein falsches Geleis und in ein gefährliches
Rollen geraten sollte. Wir sind der Ansicht, daß die Vertretung
dieser Bevölkerungsschichten und ihre Beteiligung an der Gesetz=
gebung naturgemäs in die zweite Kammer, das Abgeordneten=
haus gehört. Ein preußisches Herrenhaus, das eine Vertretung
von Handel, Industrie, gelehrten Berufsarten und Korporationen
in dem Maße in sich vereinigt, wie es Dr. Friedberg und die