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Darauf replizierte die „Kölnische Zeitung“: ¹⁰⁴)
Die „Kreuzzeitung“ beschäftigt sich mit unserem neulichen Leit=
artikel, der die Forderung einer besseren Vertretung des Westens
und namentlich von Handel und Gewerbe im preußischen Herren=
hause eingehender befürwortete, und spricht sich schroff ablehnend
dagegen aus. Sie hält es für notwendig, ihre Ausführungen
damit einzuleiten, daß sie sagt, sie kämen aus Kreisen, von denen
sie annehmen zu dürfen glaube, daß sie die Anschauungen des
Fürsten Bismarck kennen und zu vertreten bemüht seien. Es ist
schon von anderer Seite darauf hingewiesen worden, daß das
eine falsche Flagge ist, die dem Aufsatz gegeben wird, schon um
deswillen, weil Fürst Bismarck seine Ansichten niemals durch die
Kreuzzeitung vertreten lassen wird. Es genügt für uns, darauf
hinzuweisen, daß Fürst Bismarck jederzeit seine Überzeugung
von der Notwendigkeit und Wichtigkeit des Herrenhauses in dem
von uns dargelegten Sinne betont und durch häufiges Erscheinen
bei den Beratungen des Herrenhauses auch äußerlich bekundet
hat, daß er aber nicht Bedenken getragen hat, die Zusammen=
setzung des Hauses selbst durch einen förmlichen Pairsschub zu
ändern, als die reaktionäre Mehrheit dem von ihm geleiteten
Staatswagen übermäßigen Widerstand entgegenstemmte. Daß
die Ausführungen in der Kreuzzeitung nicht Bismarckschen, son=
dern den allerbedenklichsten reaktionärsten Geist trauriger Selbst=
überhebung atmen, das beweisen einzelne Stellen, in deren Ge=
dankengang sich hineinzuversetzen wirklich schwer hält; man weiß
kaum, ob man es hier noch mit ernst zu nehmenden politischen
Erwägungen zu tun hat. Das wird doch ohne weiteres jeder
zugeben müssen, daß, je einseitiger das Herrenhaus zusammen=
gesetzt ist, notwendig auch seine Beschlüsse dem einseitigen
Charakter dieser Zusammensetzung entsprechen werden. Das
Staatswohl fördern heißt aber das Gegenteil von Förderung
einseitiger Interessen tun. Alle Kräfte müssen zum Ganzen
streben und zur Einheit gefestigt werden. Darin liegt eben die
¹⁰⁴) efr. „Kölnische Zeitung“ vom 14. März 1896.