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viel freiere Verfügung als der Kanzler, der von dem Willen des
Kaisers abhängig ist. Ich kann keinen Antrag einbringen, für
den ich nicht die kaiserliche Unterschrift habe; und wenn Sie
glauben, daß diese Unterschrift immer leicht zu haben ist, so sind
Sie in einem großen Irrtum. Ich vertrete die Kaiserliche Po=
litik, und ich bin bei den vielen Äußerungen, die über die Kaiser=
liche Botschaft gefallen sind, nicht zum Wort gekommen, deshalb
konstatiere ich erst hier meine Überzeugung: es wird Ihnen
nicht gelingen, dem Kaiser Wilhelm im Deutschen Reich
zu verbieten, daß er zu seinem Volke spricht, den Kaiser
Wilhelm nach 20 Jahren unserer Geschichte mundtot zu machen, —
das ist ein ganz vergebliches Beginnen. Wie wollen Sie dem
Monarchen, der auf seine Verantwortung und Gefahr die
nationale Politik gemacht hat, die Möglichkeit abschneiden, eine
eigene Überzeugung zu haben und, wenn er sie hat, sie aus=
zusprechen; wie wollen Sie einem Könige verbieten, über die Ge=
schicke des Landes, welches er regiert, eine eigene Meinung zu
haben und sie zu äußern? Wenn die andere Ansicht richtig wäre,
so wäre es gleichgültig, wer regierte. Wo kommt es denn in
Preußen her, daß die Regierung des hochseligen Königs nach ganz
anderen Prinzipien geleitet wurde als die des jetzigen, wenn
nicht eine Königliche, eine monarchische Politik der ganzen Sache
erst den Trieb und Stempel aufdrückte. Glauben Sie doch
nicht, daß ich Ihnen diene. Ich diene dem Kaiser, dem festen
Punkte, den Sie anerkennen; das ist der Beweggrund, welcher
mich 1862 unter sehr schwierigen Verhältnissen, unter großen
Bedrohungen meiner persönlichen Sicherheit, meines Vermögens
— ich meine gesetzlichen Bedrohungen — in den Dienst gezogen
hat, als ich sah, mein angestammter Herr brauchte einen Diener
und fand ihn nicht; da habe ich gesagt: hier bin ich. Ich fand
Keinen, der es mir vormachen wollte, und sehr wenige, die es
mit mir haben versuchen wollen. Es ist dasselbe Prinzip der an=
geborenen Untertanen= und Vasallentreue und Dienstbereitschaft,
die mich vor 20 Jahren bewogen, alle übrigen Rücksichten beiseite
zu lassen und dem König mich zu Diensten zu stellen. Das ist