Full text: Bismarcks Staatsrecht.

362 
regiert der König selbst; die Minister redigieren wohl, was der 
König befohlen hat, aber sie regieren nicht. „Dem König allein“, 
sagt die Verfassung, „steht die vollziehende Gewalt zu,“ ¹³⁴) — 
von den Ministern ist garnicht die Rede; „Der König besetzt alle 
Stellen in allen Zweigen des Staatsdienstes,“ ¹³⁵) auch da ist von 
Ministern nicht die Rede. „Die gesetzgebende Gewalt wird ge= 
meinschaftlich durch den König und zwei Kammern ausgeübt. 
Die Übereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu 
jedem Gesetze erforderlich.“ ¹³⁶) „Dem Könige sowie jeder Kammer 
steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen. Gesetze, die vom 
König einmal verworfen worden sind, können  . . . nicht wieder 
eingebracht werden.“ ¹³⁷) Der Minister ist also ein in der Ver= 
fassung kaum genannter Lückenbüßer. Ob das nun in die kon= 
stitutionelle Theorie paßt oder nicht, ist mir vollständig gleich= 
gültig. Es steht das in der preußischen Verfassung, und ich 
kenne kein anderes Grimdgesetz, nach dem in Preußen zu regieren 
und zu leben ist. Se. Majestät der König von Preußen hat 
aber den Eindruck gehabt, daß diese seine zweifellosen ver= 
fassungsmäßigen Berechtigungen einigermaßen verkannt zu werden 
¹³⁴) efr. Art. 45 der „Verfassungsurk. f. d. preuß. Staat.“ Derselbe lautet: 
„Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entläßt 
die Minister. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren 
Ausführung nötigen Verordnungen.“ 
¹³⁵) efr. Art. 47 der „Verfassungsurk. f. d. preuß. Staat.“ Dieser lautet: 
„Der König besetzt alle Stellen im Heere, sowie in den übrigen Zweigen des 
Staatsdienstes, sofern nicht das Gesetz ein anderes verordnet.“ 
¹³⁶) efr. Art. 62 der „Verfassungsurk. f. d. preuß. Staat.“ Derselbe lautet: 
„Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und durch 
zwei Kammern ausgeübt. 
Die Übereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem Gesetze 
erforderlich. 
Finanzgesetz=Entwürfe und Staatshaushalts=Etats werden zuerst der zweiten 
Kammer vorgelegt; letztere werden von der ersten Kammer im ganzen ange= 
nommen oder abgelehnt.“ 
¹³⁷) efr. Art. 64 der „Verfassungsurk. f. d. preuß. Staat.“ Derselbe lautet: 
„Dem Könige, sowie jeder Kammer, steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen. 
Gesetzesvorschläge, welche durch eine der Kammern oder den König ver= 
worfen worden sind, können in derselben Sitzungs=Periode nicht wieder vorge= 
bracht werden.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.