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anfingen, namentlich auch aus den letzten Diskussionen hier, und
Er hat das Bedürfnis gehabt, das geltende Verfassungsrecht so,
wie wir alle es beschworen haben, auch der König, neu in Er=
innerung zu bringen in seiner ganzen nüchternen Nacktheit, frei
von den Zutaten legendärer Gebilde, die der Herr Vorredner
uns vorgetragen hat, und davon ändert weder die Unverletzlich=
keit, noch die Verantwortlichkeit das Geringste.
Die preußischen Traditionen entsprechen auch vollständig den
Bestimmungen der Verfassung; es ist von den preußischen Königen
ihre Stellung niemals in erster Linie aus dem Gesichtspunkt der
Rechte, sondern in erster Linie aus dem Gesichtspunkte der
Pflichten aufgefaßt worden. Unsere Könige, bis zu den Kur=
fürsten zurück, haben nie geglaubt, daß sie „fruges consumere
nati“ wären und zu ihrem Vergnügen an der Spitze des
Staates ständen, sondern sie haben das streng dienstliche Ge=
fühl der Regentenpflicht gehabt, wie Friedrich der Große es
in seinem Ausspruch betätigt, daß er sich selbst für den ersten
Diener des preußischen Staates erklärte. Diese Tradition
ist in unseren Regenten, wie wir ja alle wissen — ich er=
zähle ja nichts neues — wir wissen, wie unser jetziger Herrscher
lebt und seine Zeit ausfüllt vom Morgen bis zum Abend —,
ist in dem Maße lebendig, daß in der Tat bei uns in Preußen
innerhalb des Ministeriums der König befiehlt und die Minister
gehorchen, so lange sie glauben, die Verantwortlichkeit tragen
zu können. Könnten sie das nicht mehr, so ist der Wechsel eines
Ministers so sehr schwierig nicht: wir haben ja von Politikern
jeder Art sehr reichliche Auswahl auf Lager, und der König,
wenn er nicht ganz etwas Exzentrisches will, würde für alles,
was seine gegenwärtigen Minister nicht kontrasignieren wollen,
leicht andere Minister finden, welche bereit sind, die Verant=
wortung dafür zu tragen. Es wird uns aber nichts Exzentrisches
angesonnen, sondern in den festen, tiefen Geleisen, die die Po=
litik im Deutschen Reich allein gehen kann, bestimmt Se. Ma=
jestät der König im Prinzip. Er bestimmt, was geschehen soll,
wie die preußischen Vertreter am Bundesrat danach instruiert