Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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falsche Auslegungen der Verfassung, durch keine Legenden, die 
sich an die Verfassung knüpfen, und die nicht darin stehen. 
Lassen Sie das Königtum durch Nichtgebrauch schwach werden, 
was sind dann die Vorteile davon? Ja, die Belagerung dieser 
kleinen Minister=Zitadelle hier wird allerdings wesentlich er= 
leichtert; wenn dem Königtum die Verpflichtung auferlegt wird, 
stets incognito zu bleiben. Es darf nicht genannt werden, es 
darf seinen Namen nicht laut nenmen, es darf nur mit einer 
ministeriellen Maske vor Ihnen erscheinen, da ist jeder Angriff 
außerordentlich viel leichter. In solchem monarchisch gesinnten 
Volk, wie das unserige, kann man bei den Wahlen das leicht 
erwähnen, daß das Volk sich die Minister getrennt und isoliert 
von dem Könige denkt und dahinter den König, der zwar unter= 
schrieben hat, weil er gerade keinen Ministerwechsel wollte, aber 
doch mit seinem Herzen, mit seiner Überzeugung, mit seinen 
Traditionen nicht bei der Sache ist. Die politische Brunnen= 
vergiftung, möchte ich sagen, wie sie bei den Wahlen stattgefunden 
hat, ist garnicht möglich, weil all die Verdächtigungen, deren die 
Regierung geziehen wird, nicht den unglücklichen Reichskanzler, 
sondern den König von Preußen, den deutschen Kaiser treffen, 
da würde man ja garnicht den Mut haben, diesen Unsinn in die 
Welt zu schicken. Ich komme auf den Vorwurf, den auch der 
Herr Vorredner wiederholt heute ausgesprochen hat, und der in 
allen Zeitungsblättern täglich zu lesen ist, als ob die Minister, 
wenn sie den Namen des Königs nennen, damit einen Akt 
niedriger Feigheit begingen, indem sie sich mit dem Könige als 
mit einem Schilde gegen die Angriffe des Parlaments decken 
wollten. So gefährlich sind Ihre Angriffe nicht, bilden Sie 
sich das nicht ein, daß die Minister dafür eine andere Deckung 
brauchen, als die der eigenen Brust; da überschätzen Sie sich, 
wenn Sie meinen, daß ich deshalb, um gegenüber einer Par= 
lamentsrede, wie ich sie tausende in meinem Leben gehört 
habe, daß ich deshalb meine Ehrerbietung vor dem Könige, meine, 
ich hätte fast gesagt soldatische — meine Pflicht eines Untertanen, 
wie ich sie meinem Könige gegenüber erkenne, meinen König auch
	        
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