Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Diese Erklärung fand jedoch in Friedrichsruh den ent= 
schiedensten Widerspruch. Fürst Bismarck ließ durch die „Ham= 
burger Nachrichten“ entgegnen: 
„In allen ihren Teilen ist diese Darstellung, namentlich in 
ihrer Bezugnahme auf die Vergangenheit, irrtümlich. Das 
preußische Kriegsministerium ist an sich keine Reichsbehörde und 
kein Organ des Reichs. Wenn das Reich überhaupt einen 
Kriegsminister hat, so kann das theoretisch nur der Reichskanzler 
sein, der alleinige verantwortliche Reichsminister. Und der Reichs= 
kanzler kann, genau genommen, in dieser Eigenschaft nicht ein= 
mal nach dem Gesetze vom 17. März 1878 reichsgesetzlich ver= 
treten werden, da der preußische Kriegsminister zu den „Vor= 
ständen der dem Reichskanzler untergeordneten „obersten Reichs= 
behörden“ nicht gerechnet werden kann. Die Schwierigkeiten, 
welche aus dieser staatsrechtlichen Situation für die Reichs= 
geschäfte hervorgehen konnten, sind in der Vergangenheit durch 
die persönlichen Beziehungen zwischen dem Reichskanzler und 
dem jeweiligen preußischen Kriegsminister jederzeit mit Erfolg 
überwunden worden, und Friktionen, welche dadurch gelegentlich 
entstanden, daß die Freiheit der kollegialischen Beziehungen des 
Ministeriums durch vorgängige Feststellung der königlichen 
Willensmeinung von seiten der Militärverwaltung beschränkt 
worden war, haben stets rechtzeitig ihre Erledigung im per= 
sönlichen Sinne gefunden. Postalische Fragen und andere 
analoge, der Reichsverwaltung ausschließlich zustehende Gebiete, 
lassen eine technische Vorbereitung durch die kompetenten Reichs= 
behörden ebenso natürlich erscheinen, wie auf militärischem Ge= 
biete die preußische Vorbereitung, da im Militär die Schwerkraft 
der Verwaltung nicht in Reichsbehörden, sondern im preußischen 
Ministerium liegt.  . . . Von dieser Praxis ist so gut wie nie= 
mals abgewichen worden; in den wenigen Fällen, wo es aus= 
schließlich geschah, ist auf reichskanzlerisches Einschreiten jederzeit 
die Remedur durch Anerkennung des Grundsatzes erfolgt, daß 
zur Nachsuchung der Allerhöchsten prinzipiellen Genehmigung 
einer Änderung  in der Gesetzgebung das Votum nicht nur des
	        
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