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Stellungnahme gegen die Regierung“ und dauernde „Opposition“,
damit war alles gesagt worden, was überhaupt gesagt zu werden
brauchte. Zwischen dem in diesen Worten bezeichneten Verhalten
und der in dem Allerhöchsten Erlaß ausgesprochenen Erwartung,
daß alle Beamten sich von jeder Agitation gegen die Regierung
freihalten würden, besteht auch nicht der Schatten eines Unter=
schiedes. Der Vizepräsident des Staatsministeriums
hat genau dasselbe gemeint und genaudasselbe gesagt,
was der Kaiserliche Erlaß als Richtschnur aufstellte
und was Fürst Bismarck hervorhob, als er von den
„Pflichten des Anstandes“ sprach, welche alle Beamten
bei den Wahlen zu erfüllen hätten. Oder brauchte be=
sonders nachgewiesen zu werden, daß die Nichterfüllung einer
von dem Könige ausgesprochenen Erwartung als Verletzung einer
Anstandspflicht und darum als Hindernis der Beförderung und
Belohnung von Beamten angesehen werden muß? Wem das
zweifelhaft sein sollte, der weiß überhaupt nicht, was es mit
Beamtentum und Beamtendisziplin auf sich hat. Weil diese
Disziplin in allen Ländern gleich unentbehrlich ist, hat Herr
v. Puttkamer mit Fug und Recht behaupten dürfen, daß es
innerhalb der modernen Entwicklung „unerhört wäre“, wenn eine
Regierung das politische Verhalten ihrer Beamten völlig außer
betracht lassen und politischen Gegnern an den von ihr zu ver=
gebenden Vorteilen einen Anteil gewähren wollte, wie er nur
unter der Voraussetzung vollen und unbedingten Vertrauens
Sinn und Berechtigung hat. Die Behauptung, daß ein anderes
Verhältnis möglich und daß eine Regierung denkbar sei, für
welche der Unterschied zwischen Freunden und grundsätzlichen
Gegnern nicht besteht, darf ohne weiteres in das Kapitel der
politischen Heuchelei und derjenigen Dinge verwiesen werden, die
allenfalls versprochen, aber nicht gehalten werden können.
Im Gegensatz dazu hat Herr v. Puttkamer nicht mehr ver=
langt, als von einem seiner Ehre und Würde bewußten Beamten=
tum geleistet, — nicht mehr versprochen, als von einer auf ihre
Selbsterhaltung und auf die Erhaltung der Staatsordnung be=