Staat und Kirche.
Als 1867 das Konzil zusammentrat, welches die Unfehlbar=
keit des Papstes proklamierte, waren König Wilhelm I. und seine
Minister darüber einig, daß einem protestantischen Staate es
nicht zukomme, sich in den Streit der Bischöfe einzumischen. In
einem amtlichen Schreiben des damaligen Grafen Bismarck
heißt es ¹⁴⁸):
„Wir lassen es dahingestellt sein, ob die Interessen der
Partikular= und Nationalkirchen, welche dort vertreten sein werden,
oder die zentralisierende Richtung, welche von Rom zu erwarten
ist, sich zur Geltung bringen werden. Gegen eine etwa über=
wiegende extreme oder hierarchische Tendenz glauben wir, daß
das Heilmittel sich in der natürlichen Reaktion innerhalb der
katholischen Welt finden werde. Wir sehen daher ohne alle Be=
unruhigung auf den Zusammentritt des Konzils, dessen Deli=
berationen unsere staatlichen Interessen wenig berühren. Die
Teilnahme der preußischen Bischöfe wird eine freiwillige und von
uns ungehinderte sein. Von einer Beteiligung der Regierung
als solcher kann nicht die Rede sein. Wenn Ausschreitungen
stattfinden sollten, welche in das staatliche Gebiet übergreifen, so
werden wir die Rechte des Staates zu wahren wissen, aber wir
sehen keine Veranlassung, im voraus Fürsorge dagegen zu
treffen.“
¹⁴⁸) am 23. März 1869.