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Ein Gedanke, der vielfach besprochen wurde, war der, das
Konzil auch von seiten der Fürsten durch besondere Gesandte,
„Oratoren“, beschicken zu lassen, wie das früher üblich gewesen.
Unter anderem befürwortete Graf Harry v. Arnim, der nord=
deutsche Gesandte in Rom, diesen Plan. Graf Bismarck meinte
aber in seiner Antwort ¹⁴⁹), da jene Oratoren ja doch kein Veto
besitzen würden, sei es vorteilhafter für den Staat, das Konzil
ganz allein gewähren zu lassen. Ebenso dachte man an den
meisten übrigen Höfen.
An Fürst Hohenlohe, den damaligen bayerischen Minister
des Innern, der in einem Rundschreiben auf die hochpolitische
Natur der Unfehlbarkeitsfrage hingewiesen und den Vorschlag
gemacht hatte, auf einer europäischen Konferenz sich über eine
gleichartige Haltung zu verständigen und gemeinsam Verwahrung
gegen die einseitige Beschlußfassung des Konzils in staatskirch=
lichen Fragen einzulegen, schrieb Graf Bismarck:
„Wir haben ohne Zweifel in der parlamentarischen Gesetz=
gebung, in Norddeutschland wenigstens, eine durchschlagende Waffe
gegen jeden ungerechten Übergriff der geistlichen Gewalt. Aber
besser ist es gewiß, wenn wir nicht gezwungen werden, von der=
selben Gebrauch zu machen, und ich halte es daher für eine
Wohltat, die den geistlichen wie den weltlichen Obrigkeiten er=
wiesen wird, wenn der Konflikt zwischen beiden sich durch die
von uns besprochenen Warnungen und Vorsorgen verhüten
läßt. Auf unseren Episkopat hat das Kultusministerium sich be=
müht, in vertraulichem Wege vorbeugend einzuwirken.“
Als Graf Arnim die Sache der Konzils=Opposition zu ener=
gisch betrieb, wurde ihm wiederholt von dem Auswärtigen Amte
in Berlin eingeschärft, daß er in zweiter Linie bleibe und bei
seinen Schritten sich stets des Einvernehmens mit den deutschen
Bischöfen versichern solle. Am 18. Juli 1870 wurde die Unfehl=
barkeit des Papstes als ein Dogma der katholischen Kirche pro=
klamiert.
¹⁴⁹) am 25. Mai 1869.