33
„Die „Köln. Ztg.“ sagt über den vorliegenden Fall, es sei
selbstverständlich, daß alle Reichsgesetze, zu denen auch die Mili=
tärvorlage gehört, in erster Linie von den Reichsbehörden be=
arbeitet würden. Welche Reichsbehörden haben dem Verfasser
dabei wohl vorgeschwebt? Eigentliche militärische Reichsbehörden
existieren nicht; die Leitung der Reichsmilitärsachen liegt, soweit
sie nicht der Reichskanzler für sich in Anspruch nimmt, der dazu
nur die Reichskanzlei zur unmittelbaren Verfügung haben würde,
in den Händen des preußischen Kriegsministeriums, das keine
Reichsbehörde ist. Der offiziöse Artikel der „Köln. Ztg.“ fürchtet,
daß „die Grundlagen der Reichsverfassung in Frage gestellt
werden würden, wenn es Sitte werden sollte, daß der Reichs=
kanzler sich vor der Einbringung der Gesetzentwürfe in den
Bundesrat vorweg unter der Hand etwa die Stimmen Preußens
und Bayerns sichern würde.“ Nun, wir können dagegen aus
zweifellosen Quellen versichern, daß diese Sitte seit zwanzig
Jahren besteht . . . . Wenn die Köln. Ztg. — und ähnlich
drücken sich offiziöse Stimmen im „Hamb. Correspondenten“
aus — Recht hätte, mit ihren staatsrechtlichen Deduktionen über
unsere Gesetzvorbereitungen, so würden wir die Besorgnis nicht
unterdrücken können, daß die Disziplinarverhältnisse im obersten
Reichsdienst eine Lockerung und die verfassungsmäßigen Kom=
petenzen der einzelnen Behörden eine Verdunkelung erlitten
haben, welche für die weitere Entwickelung unseres Verfassungs=
rechts im Reiche und in Preußen schädliche Nachwirkungen
haben könnte.“
In die Erörterung über die Stellung des deutschen Kaisers
zum Könige von Preußen ¹⁴) trat noch einmal, nachdem der Stoff
in zahllosen Reden und Gegenreden durchgearbeitet worden war,
Fürst Bismarck, und erleuchtete mit seiner glänzenden Sach=
kenntnis und praktischen Erfahrung das schwierige Thema. Der
illustre Inspirator der „Hamb. Nachr.“ knüpfte seine Darlegung
an den Artikel der „Pol. Corresp.“ über die Präsidial= Anträge
¹⁴) efr. „Berl. Neueste Nachrichten“ vom 18. Oktober 1892.
Bismarcks Staatsrecht. 3