Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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Die Berufung des Prinzen zum Vertrauensmann des 
Deutschen Reiches beim Päpstlichen Stuhle, welche er sofort an= 
zunehmen sich bereit erklärte, sollte hiernach im Sinne Sr. Ma= 
jestät des Kaisers ein Schritt der Versöhnlichkeit und zuversicht= 
lichen Entgegenkommens sein. 
Die Regierung des Kaisers glaubte auf die Zustimmung des 
Papstes zu der Berufung des Kardinals um so mehr rechnen zu 
dürfen, als auch in früheren Zeiten katholische Prälaten mehrfach 
als Gesandte beim Papst bestellt waren. Österreich sowohl wie 
Frankreich zählen einen Kardinal unter ihren früheren Gesandten 
in Rom, und unter König Friedrich dem Großen wurden die 
preußischen Geschäfte bei der päpstlichen Kurie gleichfalls durch 
Prälaten besorgt. 
Gleichwohl ist auf die Anfrage, ob die Wahl des Kardinals 
Prinzen zu Hohenlohe zum Botschafter des Deutschen Reiches 
dem Papst genehm sei, die Antwort erfolgt: „Der Papst könne 
dem Kardinal nicht gestatten, ein solches Amt zu übernehmen.“ 
Die Regierung des Kaisers wird hierin mit Bedauern ein 
Anzeichen erkennen, daß in Rom auf gegenseitige vertrauens= 
volle Beziehungen nicht ein gleich hoher Wert gelegt wird, wie 
von ihrer Seite.“ 
Der Reichskanzler Fürst Bismarck bezeichnete in der denk= 
würdigen Rede   über die Hohenlohesche Angelegenheit ¹⁵⁷) die Stellung 
und Aufgabe der Reichsregierung zu den kirchlichen Fragen 
wie folgt: 
„Ich begreife, daß bei dieser Budgetposition der Gedanke 
entstehen kann, daß die Kosten für diese Gesandtschaft nicht mehr 
erforderlich seien, weil es sich nicht mehr um einen Schutz deutscher 
Untertanen in den betreffenden Landesteilen handelt. Ich freue 
mich aber doch, daß ein Antrag auf Absetzung dieser Po= 
sition nicht gestellt ist; denn er würde der Regierung unwill= 
kommen gewesen sein. Die Aufgaben einer Gesandtschaft be= 
stehen ja einerseits im Schutze ihrer Landsleute, andererseits aber 
¹⁵⁷) am 14. Mai 1873.
	        
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