Full text: Bismarcks Staatsrecht.

417 
doch auch in der Vermittelung der politischen Beziehungen, in 
welchen die Reichsregierung zu dem Hofe, bei dem ein Gesandter 
beglaubigt ist, steht. Nun gibt es keinen auswärtigen Souverän, 
der nach der bisherigen Lage unserer Gesetzgebung berufen wäre, 
so ausgedehnte, der Souveränität nahe kommende und durch 
keine konstitutionelle Verantwortlichkeit gedeckte Rechte innerhalb 
des Deutschen Reiches vermöge unserer Gesetzgebung zu üben. 
Es ist daher für das Deutsche Reich von wesentlichem Interesse, 
wie dasselbe sich zu dem Oberhaupt der römischen Kirche, welches 
diese für einen auswärtigen Souverän so ungewöhnlichen um= 
fangreichen Einflüsse bei uns ausübt, wie es sich auf diploma= 
tischem Wege dazu stellt. 
Ich glaube kaum, daß es einem Gesandten des Deutschen 
Reiches nach den jetzt in der katholischen Kirche maßgebenden 
Stimmungen gelingen würde, durch die geschickteste Diplomatie, 
durch Überredung — von komminatorischen (drohenden) Haltungen, 
wie sie zwischen zwei weltlichen Mächten vorkommen können, 
kann ja hier nicht die Rede sein —, aber ich will sagen, durch 
Überredung einen Einfluß auszuüben, der eine Änderung der von 
Sr. Heiligkeit dem Papste zu den weltlichen Dingen prinzipiell 
genommenen Stellung herbeizuführen imstande sein würde. Ich 
halte es nach den neuerdings ausgesprochenen und öffentlich ver= 
kündeten Dogmen der katholischen Kirche nicht für möglich, für 
eine weltliche Macht zu einem Konkordat zu gelangen, ohne daß 
diese weltliche Macht als bis zu einem Grade in einer Weise effaciert 
würde, die das Deutsche Reich wenigstens nicht annehmen kann. 
Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht, 
weder körperlich, noch geistig. 
Aber nichtsdestoweniger kann sich niemand verhehlen, daß die 
Lage des Deutschen Reiches, daß die Stimmung innerhalb des 
Deutschen Reiches auf dem Gebiete des konfessionellen Friedens 
eine getrübte ist. Die Regierungen des Deutschen Reiches suchen 
emsig, suchen mit der ganzen Sorgfalt, die sie ihren katholischen 
wie ihren evangelischen Untertanen schulden, nach den Mitteln, 
um in einer möglichst friedlichen, in einer die konfessionellen Ver= 
Bismarcks Staatsrecht. 27
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.