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essiert sind, sich rechtzeitig mit den dieselbe betreffenden Fragen
beschäftigen und wo möglich sich untereinander über die Art und
Weise verständigen, wie sie sich derselben gegenüber verhalten
wollen, und über die Bedingungen, von welchen sie eventuell die
Anerkennung einer Wahl abhängig machen würden.
Eine Einigung der europäischen Regierungen in diesem
Sinne würde von unermeßlichem Gewicht und vielleicht imstande
sein, im voraus schwere und bedenkliche Komplikationen zu ver=
hindern.
Ew. 2c. ersuche ich daher ergebenst, die Regierung, bei welcher
Sie beglaubigt zu sein die Ehre haben, zunächst vertraulich zu
fragen, ob sie geneigt sein möchte, zu einem Ideenaustausch und
einer eventuellen Verständigung mit uns über diese Frage die
Hand zu bieten. Die Form, in welcher dies geschehen könnte,
würde dann leicht gefunden werden, wenn wir vorerst der Bereit=
willigkeit sicher sind.
(gez.) von Bismarck.“
In einer Ansprache an eine Deputation des katholischen
deutschen Lehrervereins in Rom am 25. Juni 1872 äußerte der
Papst: „es sei in Deutschland jetzt eine lang vorbereitete Ver=
folgung ausgebrochen, — der erste Minister einer mächtigen Re=
gierung habe sich nach siegreichen Kriegserfolgen an die Spitze
dieser Verfolgung gestellt, — er, der Papst, habe dem Minister
vorgestellt, daß ein Erfolg ohne Mäßigung von keiner Dauer
sei, daß der unternommene Kampf gegen die Wahrheit und die
Kirche der größte Wahnsinn sei.
Schließlich sprach der Papst die Hoffnung und Zuversicht
aus, „es werde sich bald das Steinchen von der Höhe loslösen,
das den Fuß des Kolosses zerschmettere.“ —
Der diplomatische Verkehr zwischen Preußen und dem Vati=
kan war damit auf neun Jahre abgebrochen. Kultusminister
Falk legte zunächst dem preußischen Landtage von 1873 vier
Kirchengesetze vor, welche von demselben genehmigt und am 15. Mai
als Staatsgesetze veröffentlicht wurden, daher sie den Namen