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sondern nur zur Kenntnisnahme zugelassen wird. Und dann
würden nach Art. 7 der Reichsverfassung die nicht instruierten
Stimmen nicht gezählt werden. Hat denn Fürst Bismarck
auf den sich der offiziöse Verteidiger des Reichskanzlers Graf
Caprivi berief, die Auffassung bestätigt, die sich in des letzteren
Verhalten dokumentierte? Durchaus nicht. Denn Fürst Bismarck
betonte am 19. April 1871 nachdrücklich im Reichstage den
Gegensatz, der in den Voten des nach der Erfurter Verfassung
gedachten Staatenhauses und denen des Bundesrates liege. Dort
wäre nicht nach Instruktionen sondern nach der persönlichen Über=
zeugung des Mitgliedes gestimmt worden. Die Stimme im
heutigen Bundesrat sei dagegen ein Destillat aller im öffentlichen
Leben des betreffenden Staates, welcher stimme, mitwirkenden
Kraft. In dem Votum liege die Diagonale aller Kräfte, die
in dem betreffenden Staate tätig sind, um das Staatswesen zu
bilden.¹⁵)
Könnte das Votum Preußens in der Militärvorlage diese
Achtung beanspruchen, wenn weder das Staatsministerium noch
der Landtag bei der Vorbereitung des Entwurfes gehört ist,
wenn aus all' den Kräften, die zum öffentlichen Leben in Preußen
mitwirken, garnichts destilliert, sondern der Entwurf nur das
Destillat des Reichskanzlers und des Kriegsministers und ihrer
militärischen Gehilfen ist? Fürst Bismarck ging noch weiter in
seiner Anschauung von dem notwendigen Einflusse des preußischen
Staatsministeriums auf die Reichsgesetzgebung. Er erklärte am
27. März 1867 wörtlich, „daß es nicht denkbar sei, daß in
wichtigen Angelegenheiten, z. B. bei neuen Gesetzen, die Stimme
im Bundesrate abgegeben werde, ohne die übrigen in Preußen
verantwortlichen Ressortchefs zu fragen.“ Jede Regierung eines
Einzelstaates bleibe für die Art verantwortlich, wie ihre Stimme
im Bundesrate abgegeben werde. Das gleiche erklärte er am
15. Januar 1872: „Das ist außer Zweifel, daß jede Regierung
sehr wohltut, sich in der Lage zu halten, daß sie ihrer eigenen
¹⁵) efr. die Details hierzu in dem späteren Kapitel „Der Bundesrat“.