Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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den Sozialismus ein Schreiben (Breve), welches von der Zeitung 
„Germania“ am 15. März in deutscher Übersetzung mitgeteilt 
wurde. Gegen das Ende dieses Schreibens drückte der Papst die 
Überzeugung aus, daß zwischen der kirchlichen und staatlichen 
Gewalt ein dauerndes Einvernehmen bestehen könne, wenn nur 
von beiden Seiten der geneigte Wille, den Frieden aufrecht zu 
halten oder wieder herzustellen, nicht fehle. Dann hieß es wörtlich: 
„Wir hegen diesen Willen so entschieden, daß Wir in Voraussicht 
der Vorteile, welche daraus für das Heil der Seelen und für 
die öffentliche Ordnung hervorgehen werden, kein Bedenken tragen, 
Dir zu erklären, daß Wir, um dieses Einvernehmen zu beschleu= 
nigen, dulden werden, daß der preußischen Staatsregierung vor 
der kanonischen Institution die Namen jener Priester angezeigt 
werden, welche die Bischöfe der Diözesen zu Teilnehmern ihrer 
Sorgen in der Ausübung der Seelsorge wählen.“ 
Die Ergebnisse der Wiener Verhandlungen mit den Ver= 
tretern der Kurie und demnächst das päpstliche Breve vom 
24. Februar 1880 wurde im Staatsministerium Gegenstand ein= 
gehender Erwägungen. Auf Grund derselben wurde unterm 
17. März 1880 nachfolgender Beschluß gefaßt: 
„Die Königlich Preußische Staatsregierung erblickt in dem 
päpstlichen Breve vom 24. Februar 1880 um so bereitwilliger 
ein neues Zeichen der friedlichen Gesinnung, von welcher der 
Heilige Stuhl beseelt ist, als diese Gesinnung damit zum ersten 
Male einen auch nach außen hin erkennbaren Ausdruck gefunden 
hat. Indeß kann die Königliche Regierung jener Kundgebung, 
so lange Zweifel über deren Kongruenz mit den bezüglichen 
staatsgesetzlichen Vorschriften bestehen, sowie in Anbetracht des 
in ihr zutage tretenden Mangels an einer bestimmten, die Er= 
füllung der gesetzlichen Anzeigepflicht sichernden Anordnung nur 
einen theoretischen Wert beimessen. 
Demgemäß hofft sie zunächst erwarten zu dürfen, daß der 
erneuten Erklärung über die versöhnlichen Absichten Sr. Heilig= 
keit auch praktische Folge gegeben wird. Sobald die Königliche 
Regierung den sichtlichen und in Tatsachen ausgedrückten Beweis
	        
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