Full text: Bismarcks Staatsrecht.

453 
und nicht weiter zu fechten, bloß um zu fechten, gleich einem 
politischen Raufbold, sondern ich fechte, um den Frieden zu er= 
langen. Kann ich ihn haben, kann ich auch nur einen Waffen= 
stillstand, wie wir deren ja gehabt haben, die Jahrhunderte hin= 
durch gedauert haben, erlangen, durch einen annehmbaren modus 
vivendi, so würde ich pflichtwidrig handeln, wenn ich diesen 
Frieden nicht acceptieren wollte. Aber selbst, wenn ich händel= 
süchtiger wäre und den Kampf fortsetzen wollte, so würde ich das 
haben aufgeben müssen, nachdem die Bundesgenossen, mit denen 
ich in Gemeinschaft damals gefochten habe, mich verlassen haben, 
oder für ihre weitere Unterstützung Preise gefordert haben, die 
ich im Rückblick auf das Reich und das Land Preußen nicht ge= 
währen konnte. Wenn ich zuletzt durch die Bewegungen und 
Verschiebungen, welche innerhalb der liberalen Parteien vorgehen, 
die mir damals beistanden, jetzt aber nicht mehr, vor die Ent= 
scheidung gestellt werde, zwischen einer Annäherung an das 
Zentrum und einer Annäherung an den Fortschritt zu optieren, 
so wähle ich aus staatsmännischen Gründen das Zentrum.“ 
In seinen „Gedanken und Erinnerungen“ hat Fürst Bis= 
marck sich sehr eingehend über die Entstehung und die wahren 
Gründe des Kulturkampfes ausgesprochen. 
Von der Stimmung eines Besiegten ist jedoch in den „Er= 
innerungen“ nichts zu finden. 
Die Veranlassung zu dem sogenannten Kulturkampf, gab 
nach der von dem Erzbischof Ledochowski vergeblich in Versailles 
nachgesuchten Intervention zu Gunsten des Kirchenstaates die Wei= 
gerung Bismarcks gegenüber dem Bischof Ketteler von Mainz, die 
später aufgehobenen preußischen Verfassungsartikel, 15, 16, 18, die 
das Verhältnis der katholischen und evangelischen Kirche zum Staate 
betrafen, in die deutsche Reichsverfassung aufzunehmen.¹⁶³) Diese 
Artikel hatten es der katholischen Kirche möglich gemacht, sich im 
preußischen Staate in großer Unabhängigkeit und Freiheit zu ent= 
wickeln. Bismarck begleitet in seinen „Gedanken und Erinnerungen“ 
¹⁶³) efr. „Gedanken und Erinnerungen“, II, pag. 123 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.