Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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meinung bei jedem Akte der Initiative einzuholen ist, weshalb 
auch die Präsidialanträge „im Namen des Kaisers“ dem Bundes= 
rate vorgelegt werden. 
Diese Unterscheidung zwischen den Anträgen des Präsidiums 
und denen Preußens sind vielfach als unzulässig angefochten und 
es ist dabei angeführt worden, es müßten die Präsidialanträge 
Preußens ebenfalls das preußische Staatsministerium passieren, 
da der Kaiser nicht für richtig befinden könne, was der König 
von Preußen vielleicht demnächst, also bei der Abstimmung im 
Bundesrate, als unnötig verwerfe; Preußen habe kein doppeltes 
Recht der Antragstellung, einmal als Präsidialstaat und dann 
als Bundesstaat; es sei der deutsche Kaiser nur als König von 
Preußen Mitglied des Bundes, mithin könne der Reichskanzler 
nicht als kaiserlicher, sondern nur als königlich preußischer Be= 
vollmächtigter zum Bundesrate inbetracht kommen. 
Dieser Auffassung steht entgegen, daß der König von 
Preußen sowohl wie der Kaiser von Deutschland nach geschlossener 
Beratung des Landtages oder des Reichstags sehr häufig anders 
votiert hat, als bei der Ermächtigung zur Einbringung der betr. 
Gesetzvorlagen, weil bei der Ermächtigung der Herrscher meist 
noch nicht so vollständig beraten war, wie bei der Beschluß= 
fassung über den gesetzgeberischen Akt. Was aber das doppelte 
Antragsrecht Preußens betrifft, so sind eben die Präsidialanträge 
nicht als preußische, sondern als Anträge der Reichsexekutive zu 
stellen. Daß das Votum des preußischen Staates durch die 
Präsidialanträge als noch nicht gebunden betrachtet wird, bietet 
nicht nur große Vorteile, sondern darf auch als eine Not= 
wendigkeit angesehen werden. Es können sich durch die Be= 
ratung im Bundesrate Situationen entwickeln, in welchen zwar 
die Reichsexekutive bei ihrer Ansicht beharren muß, die sie durch 
das Einbringen eines Antrages ausgesprochen hat, in welcher es 
aber sehr wünschenswert ist, daß die preußische Regierung ihr 
Votum nach einer Seite hin abgibt, welche Aussicht hat, die 
Majorität zu erlangen, auch wenn möglicher Weise solche nicht 
völlig mit der Tendenz des Präsidialantrages zusammenfällt.
	        
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