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jeder engere kleinere Kreis das Maß der Freiheit besitzt, das
überhaupt mit der Ordnung des Gesamt=Staatswesens ver=
träglich ist. Ich glaube deshalb, daß es uns mit deutscher Ge=
duld und mit deutschem Wohlwollen gelingen wird, den Lands=
mann dort zu gewinnen — vielleicht in kürzerer Zeit, als man
jetzt erwartet.“
Bei der weiteren Beratung am 25. Mai 1871 sprach der
Reichskanzler sodann die Worte, welche eine so überraschende Be=
stätigung gefunden haben:
„Die Elsässer haben sich in ihrer zweihundertjährigen Zu=
gehörigkeit zu Frankreich ein tüchtiges Stück Partikularismus
nach guter deutscher Art erhalten, und das ist der Baugrund,
auf dem wir meines Erachtens mit dem Fundamente zu be=
ginnen haben werden. Diesen Partikularismus zunächst zu
stärken, ist, im Widerspruch zu den Erscheinungen, die uns in
ähnlicher Weise im Norden Deutschlands vorgelegen haben, jetzt
unser Beruf. Je mehr sich die Bewohner des Elsaß als Elsasser
fühlen werden, umsomehr werden sie das Franzosentum abtun.=
— — „Was später,“ fügte der Fürst hinzu, „im Interesse
des Reichs, im Interesse des Elsasses zu tun sein wird, darüber
wollen wir vor allen Dingen, denke ich, die Elsasser und Loth=
ringer selbst hören. Ehe wir weiter gehen, habe ich vor allem
das Bedürfnis, die Meinung der Elsasser selbst kennen zu
lernen. — —“
Über die Einrichtungen kommunaler Selbstverwaltung äußerte
Fürst Bismarck des näheren:
„Die erste Maßregel wird sein: die Anordnung der Kommu=
nalwahlen, daß die Wahlen im ganzen Elsaß=Lothringen statt=
finden. Die zweite Maßregel wird die sein, daß die Generalräte
gewählt werden, damit wir in den Departements Versammlungen
haben, die uns mit mehr Sachkunde, als unsere dorthin geschickten
Gesandten Auskunft darüber geben können, wo die Leute der
Schuh drückt, und was sie für Bedürfnisse haben.“
Elsaß=Lothringen sollte mit dem vorher erwähnten Gesetz=
entwurf am 1. Januar 1874 in die volle Beteiligung an der