Full text: Bismarcks Staatsrecht.

Reichsregierung. 
In den Reden, die Bismarck in Kissingen zu den Thüringern 
und Frankfurtern gehalten, auch in früheren Reden und ebenso 
in publizistischen Auslassungen, die auf ihn zurückzuführen sind, 
kehrte ziemlich regelmäßig eine Belehrung darüber wieder, daß 
bei der Bezeichnung der verfassungsmäßigen Gewalten im 
Deutschen Reich eine falsche Nomenklatur sich eingeschlichen 
habe, die notwendig allmählich zu falschen Auffassungen führen 
müsse. Es gebe keine Reichsregierung, es gebe keine Kaiserliche 
Zentralmacht, und der Reichskanzler sei nicht ein leitender Mi= 
nister, sondern lediglich ein Exekutivbeamter, der die Beschlüsse 
des Bundesrats im Reichstage zu vertreten und die überein= 
stimmenden Beschlüsse vom Bundesrat und Reichstag auszu= 
führen habe. Dies und Ähnliches hat Bismarck besonders oft 
nach seiner Entlassung in allerlei Ansprachen an Besucher ge= 
äußert. Sein Organ, die „Hamburger Nachrichten“, brachte 1893 
den folgenden Artikel: 
„Die „Nordd. Allg. Ztg.“ wendet in einem offiziösen Artikel 
über die Militärvorlage das Wort Regierung in dem Sinne an, 
als ob es in der Gesetzgebung eine Deutsche Regierung gäbe, 
deren verantwortlicher Vertreter der Reichskanzler sei, und selbst 
der Abg. v. Bennigsen hat nach dem Berichte der „Nat.=Ztg.“ in 
einer Sitzung der Militärkommission u. a. geäußert, im Reiche 
gäbe es nur einen verantwortlichen Leiter, den Reichskanzler. 
Solche Äußerungen beweisen das Umsichgreifen der unrichtigen
	        
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