Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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bisher in der natürlichsten Weise durch Übertragung beider 
Ämter auf eine Person vermieden worden, und dies wird so 
bleiben müssen. Kann man sagen, daß die deutsche Politik 
innerhalb des preußischen Ministeriums mehr in der Hand des 
auswärtigen preußischen Ministers als in der des Minister= 
präsidenten liegt, so ist es nicht wahrscheinlich, daß dieser Einfluß 
des preußischen auswärtigen Ministers dauernd mit der Politik 
des preußischen Gesamtministeriums in Widerspruch treten könnte. 
Das leuchtet ein, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die 
preußischen Staatsminister, wir glauben ohne Ausnahme, Mit= 
glieder des Bundesrates und an den Diskussionen desselben zur 
Teilnahme jederzeit berechtigt sind, wenn auch die Abgabe des 
preußischen Votums, genau genommen, nur nach der Instruktion 
des preußischen auswärtigen Ministers erfolgen kann. Anderer= 
seits werden die Ausschüsse des Bundesrates, in denen seine 
Beschlüsse ihre Vorbereitung finden, doch nicht von dem Reichs= 
kanzler, sondern in der Regel von dem betreffenden preußischen 
Ressortminister, und wenn er den Vorsitz nicht selbst übernimmt, 
von einem höheren Rate in seinem Auftrage präsidiert, so daß 
der preußische Einfluß, unabhängig von dem Reichskanzler, seine 
Kanäle hat, durch die er sich geltend machen kann. Wir sehen 
deshalb a priori keinen Grund, warum, wenn das preußische 
Ministerium in sich einig und geschlossen bleibt, die jetzt ins 
Werk gesetzte Trennung des Reichskanzlersamtes von der preußi= 
schen Ministerpräsidentschaft geschäftlich unhaltbar sein sollte.  . . . 
Wir glauben auch nicht, daß Fürst Bismark in seiner mehrfach 
angezogenen 1877er Rede die jetzt getroffene Einrichtung prin= 
zipiell und für alle Zukunft für ungangbar hat erklären wollen, 
sondern nur unter dem Eindruck gesprochen hat, daß es angebrachter= 
weise 1873 unmöglich gewesen war, die Regierungsmaschine unter 
diesen Umständen in Gang zu halten. — Die Wahl der Minister 
und die Gestaltung der Ministerien ist übrigens heutzutage nicht 
mehr so wichtig, wie unter Kaiser Wilhelm I., weil der jetzige 
Monarch der Aufgabe, die er sich gestellt hat, sein eigener Kanzler 
zu sein, gerecht wird, und es somit nicht darauf ankommen kann, 
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