Die Stellvertretung des Reichskanzlers.
Im Januar 1878 legte Fürst Bismarck dem Bundesrate
im Namen Sr. Majestät des Kaisers einen Gesetzentwurf, be=
treffend die Stellvertretung des Reichskanzlers zur Beschlußnahme
vor. Der Entwurf lautete:
„Die durch die Verfassung und die Gesetze des Reiches dem
Reichskanzler übertragene Leitung in der Verwaltung, Beauf=
sichtigung und Bearbeitung von Reichsangelegenheiten, sowie die
zur Gültigkeit der Anordnungen und Verfügungen des Kaisers
notwendige Gegenzeichnung des Reichskanzlers können durch
Stellvertreter wahrgenommen werden, welche der Kaiser auf
Antrag des Reichskanzlers für Fälle der Behinderung desselben
aus anderen Mitgliedern des Bundesrats allgemein oder für
einzelne Amtszweige ernennt.“
Der Bundesrat erkannte die Notwendigkeit einer Regelung
der Stellvertretung unbedingt an, schlug jedoch statt der obigen
Bestimmung einen Gesetzentwurf von vier Paragraphen vor.
Zur Begründung des Gesetzentwurfs wurde folgendes aus=
geführt: „Die Verfassung des Deutschen Reiches erfordert im
Artikel 17 zur Gültigkeit der im Namen des Reiches zu er=
lassenden Anordnungen und Verfügungen des Kaisers die Gegen=
zeichnung des Reichskanzlers und überträgt dem letzteren dabei
die Verantwortlichkeit für dieselben ¹⁶). Verfassungsmäßig ist
¹⁶) Art 17 der „R. V.“ lautet: „Dem Kaiser steht die Ausfertigung und
Verkündigung der Reichsgesetze und die Überwachung der Ausführung derselben
zu. Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des
Reiches erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichs=
kanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.“