Full text: Bismarcks Staatsrecht.

Staatenbund und Bundesstaat. 
    
Als die Frage der Schaffung einer bundesstaatlichen Ge= 
walt für Deutschland zur Entscheidung stand, schien es weitaus 
den meisten das Naturgemäßeste, daß an die Spitze des Bundes 
genau ein solcher Monarch träte, wie dies in den einzelnen 
Staaten der Fall war. Die deutsche Reichsverfassung von 1849 
wollte einen Kaiser schaffen, den sie selbst als Träger der Reichs= 
gewalt bezeichnete. Dieser Kaiser konnte, da er doch eine reelle 
Grundlage für seine Macht haben mußte, nur einer der regie= 
renden deutschen Fürsten sein; namentlich bot sich als solcher 
ganz natürlich der Monarch des größten Einzelstaates, also, 
nachdem es klar geworden, daß Österreich an der Verfassung 
nicht teilnehmen würde, der König von Preußen dar. So würde 
die Reichsverfassung, wenn sie ins Leben getreten wäre, ge= 
wissermaßen eine Realunion zwischen der Reichsgewalt und der 
Staatsgewalt des größten Einzelstaates hergestellt haben. Dem 
Kaiser sollte dann im Volkshause eine Volksvertretung 
und im Staatenhause eine zur Hälfte von den Regierungen, 
zur anderen Hälfte von den Land= und Provinzialständen ge= 
wählte Staatenvertretung zur Seite treten. 
Gegen eine solche Konstruktion der Bundesgewalt ließ sich 
gewiß theoretisch nichts einwenden, wohl aber hatte sie ihre 
schweren praktischen Bedenken. Durch die Etablierung des Bundes 
als konstitutionelle Monarchie, durch die Stellung des Kaisers 
Bismarcks Staatsrecht. 1
	        
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