Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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zwei Körper wären, die ein verschiedenes Interesse hätten, und 
daß man mit Genehmigung einer Vorlage der Regierung eine 
Gefälligkeit erweisen könnte, welche diese mit einer Gegenkonzession 
beantworten müsse. Das halte ich für eine Verschiebung der Ver= 
hältnisse; wir leben unter demselben, und wir haben dasselbe 
Interesse, und eine Verkümmerung der Regierungsgewalt, ein Ver= 
fallen unseres wirtschaftlichen Lebens, — ich wüßte nicht, warum 
mir das mehr am Herzen liegen sollte, als einem unter Ihnen; 
was Sie aushalten, kann ich auch aushalten; wir haben das 
gleiche Interesse, zu bessern, wenn das Dach durchregnet, und 
können uns nicht als zwei Parteien hinstellen, von denen die 
eine sagte: gib mir erst das, dann will ich dir jenes geben. 
Wir erstreben und wollen alle dasjenige Maß von Freiheit 
und Unabhängigkeit und freier Bewegung der Volksvertretung, was 
mit der Sicherheit und Stetigkeit unserer Einrichtungen über= 
haupt nur irgend verträglich ist, und etwas anderes erstreben 
Sie auch nicht. Wir haben dieselben Ziele, und wenn wir über 
diese Wahrheit ganz zweifellos einig sind, dann, glaube ich, wird 
auch diese kranke Blässe des Mißtrauens schwinden, die dem 
Minister gegenüber immer auf den Konfliktmoment rechnet und 
nur fragt, wie wird das Beschlossene da wirken, wie stellt sich 
da die Probe auf das Exempel, wenn wir in Konflikt kommen? 
Ein Konflikt ist eine so unnatürliche Sache, und wenn er ein= 
mal kommt, pflegt sein Ausgang und sein Verlauf wenig von 
den einzelnen Kautelen, die man sich gegenseitig schriftlich ge= 
geben hat, abhängig zu sein. 
Wenn für den Kanzler die Eigenschaft eines Premierministers 
bleiben soll — lassen Sie mich den Ausdruck gebrauchen, ohne 
daß ich dadurch in den Verdacht verfiele, ein Reichsministerium 
zu erstreben; ich glaube, ich habe mich darüber zu oft ausge= 
sprochen, und bin auch heute nicht bekehrt davon, ich halte den 
Bundesrat für eine bessere Einrichtung als ein Reichsministerium, 
und wenn er nicht bestände, so würde ich beantragen, ihn ein= 
zuführen. Ich halte den Bundesrat für eine außerordentlich 
zweckmäßige Einrichtung, sie macht unsere Gesetzgebung leichter
	        
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