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und besser, als ein Ministerium, und unterstützt sie durch ein
großes Maß politischer Erfahrung aller Einzelregierungen. Ich
sage also, wenn ich das Beispiel eines Premierministers für mich
in Anspruch nehme, so versteht sich das bloß auf den Gebieten,
die nicht dem Bundesrat, sondern den kaiserlichen Beamten an=
gehören, so würde ich auf diese Stellung nicht so weit verzichten
können, daß ich ein Recht aufgebe, welches ich für das zweit=
wesentlichste des Premierministers halte, nämlich bei einer po=
litisch wichtigen Maßregel, die nach seiner Meinung auf eine
schiefe Bahn geraten ist, ein Veto einzulegen.
Ich möchte bitten, die Vorlage in der Form, wie sie aus
dem Bundesrat gekommen ist, anzunehmen, und auf solche
Amendements zu verzichten, die eigentlich in der Sache nichts
ändern, sondern nur eine vielleicht deutlichere, vielleicht aber auch
weniger deutliche Fassung in sie hinein zu bringen beabsichtigen,
und im übrigen überzeugt zu sein, daß mit dieser Vorlage ja
kein Abschluß für immer geschaffen ist, sondern daß eine lang=
same Fortbildung, vielleicht nicht nach der Richtung verantwort=
licher Reichsminister, vielleicht nach besserem, gegeben ist, daß
eine langsame Fortbildung unserer Institutionen, namentlich in
all' den Verwaltungszweigen, die hier behandelt werden, ja an
jedem Tage erstrebt wird, und ich glaube, daß Sie die Maschine
weicher, nachgiebiger und elastischer mit der Zeit finden werden,
als bei einer einheitlichen Monarchie mit verantwortlichen Mi=
nistern, und in diesem Sinne bitte ich, der Vorlage zuzustimmen.“
Am 8. März 1878 begann im Reichstage die zweite Beratung
der Stellvertretungsvorlage. Fürst Bismarck führte dabei u. a.
das Nachstehende aus:
„Ich halte die Befugnis, die der § 3 dem Reichskanzler
gibt (auch während der Dauer einer Stellvertretung jede Amts=
handlung vorzunehmen ¹⁸), für eine ganz unentbehrliche, und
wenn sie nicht ausgesprochen wäre, so würde ich sie als selbst=
verständlich ansehen, man würde eben dann nur auf Umwegen
¹⁸) efr. Anmerkung 19.