Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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baren öffentlichen Dienst einzutreten, mir seinerzeit sehr schwer 
geworden ist. 
Vor allem war es die Befürchtung, meinen eigenen Ange= 
legenheiten mich zu sehr zu entfremden, welche meine Bedenken 
erweckte. Ich habe diese Bedenken demnächst zurücktreten lassen 
und bin nunmehr seit 4½ Jahren wieder im Reichs= bezw. 
Staatsdienst. In den beiden letzten Jahren habe ich mich zwar 
mit Allerhöchster Genehmigung längere Zeit in Wernigerode auf= 
halten können, aber diese Zeit hat gerade hingereicht, um mir 
klar werden zu lassen, wie sehr die unvermeidliche Gebundenheit 
einer amtlichen Stellung mich von meinen eigenen Angelegen= 
heiten abzieht. Daher ist das Bedürfnis nach Wiedererlangung 
der Freiheit ein immer lebhafteres geworden und jetzt auf den 
Punkt gestiegen, daß ich den allerdringendsten Wunsch habe, meine 
Staatsämter wieder aufzugeben. Das gütige Wohlwollen, mit 
welchem Ew. Durchlaucht mich fortgesetzt beehrt haben, läßt es 
mir als Pflicht erscheinen, Hochdemselben von meinen Gedanken 
vertrauliche Kenntnis zu geben, bevor ich irgend einen ent= 
scheidenden Schritt darin tue, und dies ist der Zweck des gegen= 
wärtigen Schreibens. 
Meine amtlichen Leistungen schlage ich selbst äußerst gering 
an. Aber dennoch wäre es immerhin möglich, daß Ew. Durch= 
laucht in der Ausführung meiner Absicht eine gewisse Personal= 
verlegenheit erblicken könnten. Ich würde dies aufrichtig be= 
dauern, da mir nichts ferner liegt, als die Absicht, Ihnen Unbe= 
quemlichkeiten zu bereiten; aber ich glaube in der Tat nicht, daß 
ernsthafte Verlegenheiten entstehen würden. Ganz abgesehen da= 
von, daß ich mich für sehr leicht ersetzbar halte, erlaube ich mir 
nur daran ergebenst zu erinnern, wie ich Ew. Durchlaucht schon 
früher darlegte, daß nach meiner Erfahrung die allgemeine Stell= 
vertretung des Reichskanzlers zweckmäßigerweise dem Vorstande 
eines obersten Reichsamts zu übertragen sein würde, welcher 
durch sein Amt in die Lage gesetzt ist, die allgemeine Reichs= 
politik fortgesetzt im Zusammenhange zu übersehen. Es bleibt 
dann meine Hauptstellung als Vizepräsident des Staatsmini=
	        
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