324 Die Staatsbehörden.
(§. 63.)
präsidenten, die Verwaltung mit den Befugnissen und nach den Vorschriften führen, welche
dafür in den übrigen Provinzen gelten, beziehungsweise in dem Organisationsgesetze v.
26. Juli 1880 gegeben sind.! Da indes der §. 89 des Gesetzes vorgeschrieben hat,
daß in der Provinz Hannover das Gesetz erst dann in Kraft treten solle, wenn auf
Grund besonderer Gesetze neue Kreis= und Provinzialordnungen erlassen sein werden, so er-
folgte die Inkraftsetzung erst, nachdem zuvor die Kreis= und Provinzialordnungen für
Hannover v. 6. beziehungsweise 7. Mai 1884 erlassen worden waren. Das Landes-
verwaltungsgesetz v. 30. Juli 1883 hat in §. 2, Abs. 1 die Grundlagen dieser Organi-
sation definitiv anerkannt.
V. Zu den 25 Regierungsbezirken der alten östlichen und westlichen Provinzen
und den drei Regierungsbezirken der Provinzen Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau
(Kassel und Wiesbaden), sowie den sechs Regierungsbezirken der Provinz Hannover tritt
endlich noch der Bezirk der Hohenzollernschen Lande mit dem Sitze der Regierung in
Sigmaringen und der Verwaltungsbezirk der Stadt Berlin.?
VI. S§. 1 des Gesetzes v. 26. Juli 1880 beziehungsweise v. 30. Juli 1883 über
die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung hat bestimmt, daß — gleichwie die
Verwaltungseinteilung des Staatsgebietes in Provinzen — auch die Verwaltungs-
einteilung in Regierungsbezirke bestehen bleibt; von der Begrenzung dieser Verwaltungs-
bezirke aber ist hier keine Rede. Das Prinzip, daß eine Anderung derselben nur durch
Gesetz erfolgen könne, ist für die Provinzen und Kreise spezialgesetzlich ausgesprochen?;
für die Regierungsbezirke ist dies nicht der Fall, ihrer Abänderung auf dem Verordnungs-
wege steht somit kein Hindernis im Wege.“ Lediglich vom budgetrechtlichen Gesichts-
punkte aus ist die Volksvertretung zur rechtlichen Mitwirkung an der Organisation der
Regierungsbezirke zuständig.
8. 64.
III. Die Kreise.
I. Die Einteilung des Staatsgebietes in Kreise ist ebenso wie die Einteilung in
Provinzen keineswegs lediglich eine geographisch-administrative als Begrenzung gewisser
Verwaltungsbezirke des Staates, sondern die Kreise sind zugleich Selbstverwaltungskörper
und als solche Korporationen, die eigenes Aktiv= und Passivvermögen, besondere Interessen,
Rechte und Verpflichtungen haben. Was die älteren Landesteile der Monarchie betrifft,
so ist die Kreiseinteilung ein Bestandteil des ältesten brandenburgisch-preußischen Ver-
waltungsrechtes und von Friedrich Wilhelm I. bereits zum wichtigsten Glied und recht
eigentlich zum Träger der Lokalverwaltung erhoben. Dabei ist es das ganze 18. Jahr-
hundert hindurch verblieben. Im Rahmen der Steinschen Reform hatte Schrötter den
Entwurf einer den modernen Verhältnissen und insbesondere den Steinschen Selbstver-
waltungsgedanken entsprechenden neuen Kreis= und Gemeindeordnung ausgearbeitet. Aber
nach Steins Rücktritt hatte kein Staatsmann den Mut mehr, dies große und tiefein-
schneidende Reformgesetz, obwohl ihm der König bereits zugestimmt hatte, zur Ausfüh-
rung zu bringen. Zwar hatte das sog. Gendarmerieedikt v. 30. Juli 1812“ ange-
ordnet, daß mit einer neuen Landeseinteilung in angemessene Militärgouvernements und
Regierungsdepartements eine neue Kreiseinteilung verbunden werden solle, nach welcher
1 Vgl. die Beschlüsse des Abg. H. hierüber in
der Sitzung v. 24. Mai 1880 (Stenogr. Ber.
1879—80. Bd. III, S. 1957—67).
1 Vgl. oben S. 313.
2 Agl. oben S. 315, unten S. 331.
4 A. A. war v. Rönne, 4. Aufl., Bd. III,
S. 26; mit dem Text übereinstimmend Stier-
Somlo, Kommentar zum L. V. G., S. 3; Min.
Reskr. v. 14. Juli 1878 (M. Bl. d. i. Verw. 1879,
S. 3). Diesen Rechtsstandpunkt hat die Staats-=
regierung auch bei der jüngst erfolgten Neubildung
des Regierungsbezirks Allenstein entschieden fest-
gehalten.
5 Vgl. hierzu E. Meier, Reform, S. 98 ff.;
357 ff. und Bd. I, S. 26 f.; Schön, Recht
der Kommunalverbände, S. 361 ff.
6 G. S. 1812, S. 141 ff.