Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

338 Die Staatsbehörden. (8. 65.) 
der Beteiligten durch Beschluß des Kreisausschusses mit einer Landgemeinde oder einem 
Gutsbezirke zu vereinigen. Aus solchen Grundstücken kann, soweit dies nach ihrem Um- 
fange und ihrer Leistungsfähigkeit angezeigt erscheint, mit königlicher Genehmigung ein 
besonderer Gemeinde= oder Gutsbezirk gebildet werden. 
b) Landgemeinden und Gutsbezirke, welche ihre öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen 
zu erfüllen außerstande sind, können durch königliche Anordnung aufgelöst werden. Die 
Regelung der kommunalen Verhältnisse der Grundstücke derselben erfolgt nach Maßgabe 
der Vorschriften unter a. 
c) Landgemeinden und Gutsbezirke können mit anderen Gemeinde= oder Gutsbe- 
zirken nach Anhbrung der beteiligten Gemeinden und Gutsbesitzer sowie des Kreisaus- 
schusses mit königlicher Genehmigung vereinigt werden, wenn die Beteiligten hiermit ein- 
verstanden sind. Wenn ein Einverständnis der Beteiligten nicht zu erzielen ist, so ist die 
Zustimmung derselben, sofern das öffentliche Interesse dies erheischt, im Beschlußverfahren 
durch den Kreisausschuß zu ersetzen. Gegen den auf Beschwerde ergehenden Beschluß 
des Bezirksausschusses steht den Beteiligten, und nach Maßgabe des §. 123 des Gesetzes 
über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (G. S., S. 195) dem Vor- 
sitzenden des Bezirksausschusses die weitere Beschwerde an den Provinzialrat zu. Er- 
achtet der Oberpräsident das öffentliche Interesse durch den Beschluß des Provinzialrats 
für gefährdet, so steht ihm in der gleichen Weise (§. 123 a. a. O.) die Beschwerde an 
das Staatsministerium offen. Der mit Gründen zu versehende Beschluß des Staats- 
ministeriums ist dem Oberpräsidenten behufs Zustellung an die Beteiligten zuzufertigen. 
Unter den gleichen Voraussetzungen und in der gleichen Weise können Gutsbezirke in 
Landgemeinden, und Landgemeinden in Gutsbezirke durch königlichen Erlaß umgewandelt 
werden. 
Wird eine leistungsfähige Gemeinde einem leistungsfähigen Gutsbezirke zugelegt, so“ 
bleibt letzterer als solcher bestehen, sofern der Gutsbesitzer dies beantragt. 
d) Die Abtrennung einzelner Teile von einem Gemeinde= oder Gutsbezirke und 
deren Vereinigung mit einem anderen Gemeinde= oder Gutsbezirke kann, wenn die be- 
teiligten Gemeinden und Gutsbesitzer sowie die Besitzer der betreffenden Grundstücke ein- 
willigen, oder wenn beim Widerspruch Beteiligter das öffentliche Interesse es erheischt, 
durch Beschluß des Kreisausschusses erfolgen. Gegen den auf Beschwerde ergehenden 
Beschluß des Bezirksausschusses steht den Beteiligten und dem Vorsitzenden des Bezirks- 
ausschusses die weitere Beschwerde an den Provinzialrat, und gegen den Beschluß des 
Provinzialrats dem Oberpräsidenten die fernere Beschwerde an das. Staatsministerium 
nach Maßgabe der Vorschriften unter c offen. Soll aus den abgetrennten Grund- 
stücken ein neuer Gemeinde= oder Gutsbezirk gebildet werden, so ist die königliche Ge- 
nehmigung erforderlich. 
e) Ein öffentliches Interesse im Sinne von c und d ist nur dann als vorliegend 
anzusehen: 
a) wenn Landgemeinden oder Gutsbezirke ihre öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen 
zu erfüllen außerstande sind; bei Beurteilung dieser Frage sind Zuwendungen, welche 
Gemeinden und Gutsbezirken vom Staate oder größeren Kommunalverbänden zustehen, 
nicht als bestimmend zu erachten; 
8) wenn die Zersplitterung eines Gutsbezirkes oder die Bildung von Kolonien in 
einem Gutsbezirke die Abtrennung einzelner Teile desselben oder dessen Umwandlung in 
eine Landgemeinde oder dessen Zuschlagung zu einer oder mehreren Landgemeinden not- 
wendig macht; 
+) wenn infolge örtlich verbundener Lage mehrerer Landgemeinden oder von Guts- 
bezirken oder Teilen derselben mit Landgemeinden ein erheblicher Widerstreit der kommu- 
nalen Interessen entstanden ist, dessen Ausgleichung auch durch Bildung von Verbänden 
im Sinne der §§. 128 ff. nicht zu erreichen ist. 
f)Die vorstehenden Bestimmungen finden in den Fällen, in welchen es sich um die 
Vereinigung einer Landgemeinde oder eines Gutsbezirks mit einer Stadtgemeinde, um die 
Abtrennung einzelner Teile von einem Stadtbezirke und deren Vereinigung mit einem
	        
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