Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Gesetzlich bevorzugte Staatsbürger. (8. 51.) 27 
IV. Die standesherrlichen Häuser.! 
I. Dem älteren preußischen Rechte ist dieser Begriff fremd; das Allgemeine Land- 
recht Teil II. Tit. 9 kennt ihn nicht. Seine rechtshistorische Ableitung ergibt sich lediglich 
aus den Verhältnissen und der Rechtsordnung des alten Reiches, als dessen mächtige Ruine 
er noch in das Recht des neuen Reiches hereinragt. Reichsunmittelbarkeit, Reichsstand- 
schaft, Landeshoheit waren darnach die staatsrechtlichen Merkmale des hohen Adels; der 
territoriale Umfang der Landeshoheit war gleichgültig und oft sehr gering. 
Damit ergab sich eine bis heute andauernde klaffende Differenz zwischen den uralten 
landsässigen Adelsgeschlechtern in Deutschland und besonders in Preußen, deren Geschichte 
in die Anfänge der deutschen Geschichte zurückreicht und die dennoch mangels der oben 
bezeichneten Erfordernisse nicht zum „hohen Adel“ gehören, wie z. B. den Geschlechtern 
Dohna und Eulenburg. 
Infolge der großen Mediatisierung seit 1806 wurde ein Teil jener Häuser zu 
souveränen landesherrlichen Häusern; der weitaus größere Teil verlor die Landeshoheit 
und wurde „untertan“. Gleichwohl hat das Recht des Deutschen Bundes und die daraufhin 
ergangene Landesgesetzgebung jenen völlig und ohne jede Möglichkeit der Erweiterung ab- 
geschlossenen Kreis des „hohen Adels“, bestehend aus den landesherrlichen Häusern und 
den mediatisierten, bis heute rechtlich bewahrt; auch die neue Reichsgesetzgebung hat daran 
nichts geändert und konnte daran nichts ändern. (Vgl. aber unten zu VI.) 
II. Der Gang dieser Rechtsentwicklung war folgender: 
Die Rheinbundsakte v. 12. Juli 1806, welche eine große Anzahl bizheriger 
  
Vollgraff, Die deutschen Standesherren, Bd. II, §#s. 307 ff.z G. Meyer, behrbuch 
2 Bd. (1824); v. Dresch, Von den Rechtsver= des d. St. R., 5. Aufl., S. 751 ff.; ½ 
hältn. der Standesherren, in dessen Abhandl. Schulze, Preuß. St. R., Bd. I, 88. 123—125; 
(1830), S. 119 ff., S. 237 ff.; Kohler, Hand= v. Mohl, MWürttemberg. St. R., Bd. I, 
buch des Privatfürstenrechts der mittelb. Fürsten §§. 85 ff.; Schulze, Das deursche Fürsten- 
u. Grafen (1832), und derselbe, Die staatsrechtl. recht in Holtzendorffs Enzyklop., 5. Aufl., I. S. 
Verhältn. des mittelbar gewordenen, vormals 1349 ff.; Bornhak, St. R., I1, S. 297 ff.; 
reichsständ. Adels in Deutschland (1844); Vahl= Schwartz, Verf. Urk., S. 52 ff.; Hammann, 
kampf, Die deutschen Standesherren (1844); Die deutschen Standesherren 1888; Heyer, 
Pernice, De principum comitumque imp. Die Standesherren in Hessen 1897; Schröder, 
germ. a. 1806 subjectorum juris privati D. N. G. (4), S. 805; Gierke, D. Priv. R., I, S. 47. 
  
immutata ratione (Halae, 1827); derselbe, — lber die verschiedenen, teils in der Wissenschaft 
Quaestiones de jure publ. germ. Particula I. und dem gemeinen Leben, teils in den Bundes- 
(Halle, 1832). — H. A. Zachariä, Denk= und Landesgesetzen vorkommenden Benennungen: 
schrift über den territorialen Umfang der stan- 
desherrlichen Vorrechte in Deutschland (1867); 
H. Zöpfl, Die neuesten Angriffe auf die staats- 
rechtliche Stellung der d. Standesherren, 2. Aufl. Restr. des M. d. J. v. 13. Juli 1842 (M. 
(1867); Die Stellung der d. Standesherren Bl. d. i. Verw. 1842, S. 218) bestimmt, daß 
seit 1866. Nach den Forderungen des Rechts der Ausdruck: „Standesherren“ zur Bezeichnung 
und der Politik (2. Aufl., 1870); A. W. Heff= derjenigen vormals reichsunmittelbaren d. Reichs- 
ter, Die Sonderrechte der souveränen und der stände, welche bis 1806 reichsständische Ter- 
mediatisierten vormals reichsständischen Häuser ritorien besessen haben, nachher aber der Sou- 
(1871). — Vgl. ferner: Berchtold, Artikel: veränität eines d. Bundesfürsten unterworfen 
„ Standesherren“ in Bluntschlis Staats= sind, in Verhandlungen und Berichten nicht ge- 
wörterbuch, Bd. X, S. 163—205; den Ar= braucht, sondern die Bezeichnung von dem be- 
tikel: „Die mediatisierten fürstl. und gräfl. sonderen Familiennamen oder der Besitzung ent- 
Häuser in Deutschland, namentlich ihr Rechtszu= nommen werden soll. — Wesentlich verschieden 
stand in Preußen“ in Wageners Staats= u. Ge= von den Standesherren im Sinne der D. B.= 
sellschaftslerikon, Bd. XXIII, S. 477 ff.; und Akte sind die besonders in Schlesien und in der 
den Artikel von Held: „Standesherren"“ in Lausitz vorkommenden Standesherren, welchen bis 
Welckers u. v Rottecks Staatslexiton, 3. Aufl., zum Erlaß der Prov. O. v. 29. Juni 1875 auf 
Bd. XIII, S. 721 ff.; Klüber, Off. R. des den Provinziallandtagen gewisse Vorrechte zu- 
D. B., 96 301 ff.: Maurenbrecher, D. standen, die an dem Grundbesitze hafteten, nicht 
St. R., §. 134; Zachariä, D. St. u. B. aber Familienrechte waren, folglich von jedem 
R., 3. Aufl., Bd. I, §é. 96 —98; Held, Besitzer ausgeübt werden konnten (vgl. darüber 
System des Verf. R., Bd. II, S. 627 ff.; das Zirk. Reskr. des M. d. J. v. 13. Juli 1842, 
Zöpfl, Grunds. des gem. d. St. R., 5. Aufl., M. Bl. d. i. Verw. 1842, S. 248). 
Standesherren, Mediatisierte, mittelbar gewor- 
dene Fürsten und Grafen, vgl. Klüber, ff. 
R. d. D. B., 8. 301, Note g. — Das Zirk.
	        
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