28 Das Staatsbürgerrecht. (8. 51.)
Reichsstände der Souveränität der Rheinbundsfürsten unterwarf, hatte zwar in Art. 27
u. 28 einige Zusicherungen über die den sogenannten Mediatisierten zu belassenden Rechte
aufgenommen; allein die betreffenden Verhältnisse wurden keineswegs zur Befriedigung
der Beteiligten geregelt. Sie versuchten nach Auflösung des Rheinbundes die ihnen ent—
zogene Landeshoheit wieder zu erlangen; indes eine solche Wiederherstellung war untun-
lich und das Resultat der Beratungen bestand lediglich darin, daß im Art. XIV der
D. Bundesakte! den Mediatisierten von Bundes wegen gewisse Vorrechte zugesichert wurden.
Die Bundesfürsten einigten sich nämlich nach Inhalt des Art. XIV., um den im Jahre
1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichsangehörigen?
in allen Bundesstaaten einen gleichförmigen Rechtszustand zu verschaffen, dahin“:
a) daß diese fürstlichen und gräflichen Häuser fortan „nichtsdestoweniger“ zu dem
hohen Adel in Deutschland gerechnet werden und ihnen das Recht der Ebenbürtigkeit,
in dem bisher damit verbundenen Begriff, verbleibt; b) daß die Häupter dieser Häuser
die ersten Standesherren in dem Staate, zu dem sie gehören, sind, und daß sie und
ihre Familie die privilegierteste Klasse in demselben, insbesondere in Ansehung der Be-
steuerung, bilden; c) daß ihnen, in Rücksicht ihrer Personen, Familien und Besitzungen,
alle diejenigen Rechte und Vorzüge zugesichert werden, oder bleiben, welche aus ihrem
Eigentum und dessen ungestörtem Genuß herrühren und nicht zu der Staatsgewalt und
den höheren Regierungsrechten gehören.
Sodann wird festgesetzt, daß unter diesen (zu c erwähnten! Rechten in besondere
und namentlich begriffen sind: 1. Die unbeschränkte Freiheit, ihren Aufenthalt in jedem
zu dem Lande gehörenden, oder mit demselben in Frieden lebenden Staate zu nehmen;
2. es werden nach den Grundsätzen der früheren deutschen Verfassung die noch bestehenden
Familienverträge aufrecht erhalten, und es wird den Standesherren die Befugnis zu-
gesichert, über ihre Güter und Familienverhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen,
welche jedoch dem Souverän vorgelegt und bei den höchsten Landesstellen zur allgemeinen
Kenntnis und Nachachtung gebracht werden müssen; 3. privilegierter Gerichtsstand und
Befreiung von aller Militärpflichtigkeit für sich und ihre Familien werden den Standes-
herren zugesichert; 4. die Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Rechtspflege in erster,
und, wo die Besitzung groß genug ist, in zweiter Instanz, der Forstgerichtsbarkeit, Orts-
polizei= und Aufsicht in Kirchen= und Schulsachen, auch über milde Stiftungen, werden
ihnen zuerkannt, jedoch nach Vorschrift der Landesgesetze, welchen sie, sowie der Militär-
verfassung und der Oberaufsicht der Regierungen über jene Zuständigkeiten, unterworfen
bleiben; 5. schließlich wird dann noch festgesetzt, daß bei der näheren Bestimmung der an-
geführten Befugnisse sowohl, wie überhaupt in allen übrigen Punkten, zur weiteren Be-
gründung und Feststellung eines, in allen deutschen Bundesstaaten übereinstimmenden
Rechtszustandes der Mediatisierten die Königl. bayerische Verordnung v. 19. März 18075
als Basis und Norm untergelegt werden solle. —
1 Vgl. in v. Meyers Corpus Juris ('on- am Schlusse des Art. XIV auch erwähnten „ehe-
forder. German., 3. Aufl., Bd. 11, S. 5, G. S. maligen Reichsadel“ oder die Mitglieder der un-
1818, Anh., S. 143. mittelbaren Reichsritterschaft. Vgl. Zachariäd,
: Der Art. VI der D. Bundesakte stellte war D. St. u. B. R., 3. Aufl., Bd. I, S. 513,
noch in Aussicht, „in Erwägung zu nehmen, ob Note 10.
den mediatisierten vormaligen Reichsständen auch * Der Art. 63 der Wiener Schlußakte v.
einige Kuriatstimmen in Pleno zugestanden werden, 15. Mai 1820 hat demnächst die Erfüllung der
sollen““: es ist dem indes keine weitere Folge ge Bestimmungen des Art. XIV der Bundesakte unter
geben worden. Die preuß. Verordn., betr. die die Garantie des Bundes gestellt, und der Bundes-
Verhältn. der Mediatisierten v. 21. Jun 1815, beschl. v. 15. Sept. 1842 G. S. 1843, S. 269)
verspricht im §. 2 noch speziell die Verwendung eine richterliche Instanz zur Entscheidung über
des Königs für die Erfüllung dieses in Aussicht Beschwerden der Mediatisierten geschaffen (vol.
gestellten Rechtes. Uber die Unmöglichkeit der Zachariä, a. a. O., S. 513—515).
Ans führung dieser Bestimmung vgl. Augoburger * Vgl. diese Verordn. in v. Meyers Corpus
Allgem. Ztg. v. 27. März 1845, Veil., S. 6583. Juris Conferder. German., 3. Aufl., TI. II, S.
— VWgl. Zachariä, D. St. u. B. R., 3. Aufl., 5 ff.; desgl. in den Drucks. der II. K. 1853—51,
Bd. I. S. 513, Note 11. ZRhdd. III, Nr. 173, S. 3 ff.
* Dieser letere Ansdruck bezieht sich auf den