402 Die Staatsbehörden. (8. 75.)
V. Zum gemeinsamen Ressort der drei Ministerien für Handel und Gewerbe, der
öffentlichen Arbeiten und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten gehörte auch der
durch die Verordnung v. 17. Nov. 18801, angeordnete Volkswirtschaftsrat. Der-
selbe sollte nach §. 1 der gedachten Verordnung Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen,
welche wichtigere wirtschaftliche Interessen von Handel, Gewerbe und Land= und Forstwirt-
schaft betreffen, bevor sie der Genehmigung des Königs unterbreitet werden, begutachten,
und dies hatte auch von den auf den Erlaß von Gesetzen oder Verordnungen bezüglichen
Anträgen und Abstimmungen Preußens im Bundesrate, soweit dieselben das wirtschaftliche
Gebiet berühren, zu gelten.
Der Volkswirtschaftsrat sollte bestehen aus 75 vom Könige für eine Sitzungs-
periode von je fünf Jahren zu berufenden Mitgliedern, von welchen 45 auf Grund der
Präsentation einer doppelten Anzahl durch Wahl der Handelskammern, der Vorstände
der kaufmännischen Korporationen und der landwirtschaftlichen Vereine berufen, die übrigen
unmittelbar ernannt werden (J. 2 a. a. O.), und in die drei Sektionen: des Handels.
des Gewerbes und der Land= und Forstwirtschaft sich gliedern. Jede Sektion sollte aus
ihrer Mitte fünf Mitglieder wählen, welche mit weiteren zehn dazu berufenen Mit-
gliedern den ständigen Ausschuß des Volkswirtschaftsrates bilden sollten (§. 9 a. a. O.
Den Vorsitz im Volkswirtschaftsrate, den Sektionen und den Ausschüssen sollte einer
der drei Minister für Handel und Gewerbe, der öffentlichen Arbeiten und für Land-
wirtschaft, Domänen und Forsten (§. 10 a. a. O.) führen. Die Verordnung v. 17. Nov.
1880 ist nicht formell aufgehoben, wird aber als außer Kraft getreten anzusehen sein,
da der Volkswirtschaftsrat nicht mehr gebildet wird. Der in dieser Einrichtung zum
Ausdruck gekommene Gedanke einer zweckmäßigen Verbindung des parlamentarischen
Systems und eines aus hervorragenden Sachpverständigen bestehenden technischen Beirates
ist vielleicht der bedeutendste Gedanke einer Weiterbildung der konstitutionellen Einrich-
tungen, den die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hervorgebracht hat.
8. 75.
IV. Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
I. Durch Allerhöchsten Erlaß v. 7. Aug. 1878 ist die Teilung des bisherigen
Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten in zwei getrennte Ministerien,
und zwar dahin angeordnet worden, daß für die Verwaltung der Angelegenheiten von
Handel und Gewerbe ein besonderes „Ministerium für Handel und Gewerbe“, und für
die Verwaltung der übrigen, bisher im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffent-
liche Arbeiten vereinigten Verwaltungszweige ein besonderes Ministerium mit der Be-
zeichnung „Ministerium der öffentlichen Arbeiten“ errichtet worden ist. Das
Gesetz v. 13. März 1879 hat demnächst in Art. II vorgeschrieben, daß die gesetzlichen
Bestimmungen über die Zuständigkeiten des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche
Arbeiten dahin abgeändert werden, daß in Beziehung auf die Handels= und Gewerbe-
angelegenheiten der Minister für Handel und Gewerbe, im übrigen der Minister der
öffentlichen Arbeiten an die Stelle desselben tritt. Dazu kam die Neuorganisation von
1890, durch welche — Allerhöchster Erlaß v. 17. Febr. 1890 und Gesetz v. 26. März
der konstitutionellen Zulässigkeit der Verordnung mit Recht aus, daß die in Rede stehende Ein-
v. 17. Nov. 1880, bezw. der Zweckmäßigkeit der richtung im Wege königlicher Verordnung habe ge-
dadurch geschaffenen Institution vgl. die Verhand- troffen werden können, weil die Verordnung nur
lungen im Abg. H. in der Sitzung v. 26. Nov. einen Akt innerer Verwaltung in sich schließe.
13880 (Stenogr. Ber. des Abg. H. 1880—81, : G. S. 1879, S. 25, M. Bl. d. i. Berw. 1879,
Bd. I, S. 334—357). Der Justizminister Fried- S. 65.
1 G. S. 1880, S. 367 ff. — liber die Frage| tischen als juristischen Bedenken (a. a. O., S. 349)
S.
l
vckgführtegegcnilbrrdcuerhobcncn,mchrpoli-I3(-83.S.1879,S.123.