Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

Technische und gewerbliche Lehranstalten. (8. 150.) 333 
stunden so gelegt werden, daß die Schüler nicht behindert werden, den Hauptgottesdienst 
oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten besonderen 
Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen. Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser 
Bestimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Haus— 
arbeiten erteilt wird. Durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weite— 
ren Kommunalverbandes kann für männliche Arbeiter unter 18 Jahren, sowie für weib- 
liche Handlungsgehilfen und #kehrlinge unter 18 Jahren die Verpflichtung zum Besuche 
einer Fortbildungsschule, soweit diese Verpflichtung nicht landesgesetzlich besteht, begründet 
werden. Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforder- 
lichen Bestimmungen getroffen werden. Insbesondere können durch statutarische Bestim- 
mung die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbesuchs den Schulpflichtigen sowie 
deren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen bestimmt und 
diejenigen Vorschriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fortbildungs- 
schule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert wird. Von der durch statu- 
tarische Bestimmung begründeten Verpflichtung zum Besuch einer Fortbildungsschule sind 
diejenigen befreit, welche eine Innungs= oder eine andere Fortbildungs= oder Fachschule 
besuchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Verwaltungsbehörde als 
ein ausreichender Ersatz des allgemeinen Fortbildungsschulunterrichts anerkannt wird.1 — 
In Preußen hat zunächst das Gesetz über die Handelskammern v. 24. Febr. 1870 bzw. 
19. Aug. 18972 den Handelskammern die Befugnis verliehen, Anstalten und Einrich- 
tungen zu begründen, zu unterhalten und zu unterstützen, welche die technische und ge- 
schäftliche Ausbildung, die Erziehung und den sittlichen Schutz der im Handel und Ge- 
werbe beschäftigten Gehilfen und Lehrlinge bezwecken. Sodann ermächtigt das Gesetz v. 
1. Aug. 1909 3 die Gemeinden und weiteren Kommnnalverbände, zur Unterhaltung der 
gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschulen von Arbeitgebern der Fortbildungs- 
schüler Beiträge zu erheben. Die Spezialgesetze v. S. Aug. 1904 4, 25. Jan. 19095, 
2. Juli 1910 betreffen die Verpflichtung zum Besuch ländlicher Fortbildungsschulen in 
den Provinzen Hessen-Nassau, Hannover und Schlesien; diese Gesetze haben die Möglich- 
keit geschaffen, in diesen Provinzen auch bei ländlichen Fortbildungsschulen die Schul- 
pflicht durch Ortsstatut einzuführen. Das Gesetz v. 4. Mai 1886 mit Novelle v. 
24. Febr. 18977 ermächtigt den Handelsminister, in Westpreußen und Posen Fortbil- 
dungsschulen mit laufenden Zuschüssen zu unterstützen, geeignetenfalls auch solche Schulen 
aus Staatsmitteln zu errichten und zu unterhalten, ferner die Schulpflicht durch Erlaß 
da einzuführen, wo dies nicht im Wege statutarischer Bestimmung der Gemeinde oder 
eines weiteren Kommunalverbandes geschieht. Endlich ist neuestens in Preußen durch 
das Gesetz v. 19. Mai 1913 8 betreffend die Verpflichtung zum Besuche ländlicher Fort- 
bildungsschulen in den Provinzen Brandenburg, Pommern, Sachsen, Schleswig-Holstein, 
Westfalen sowie in der Rheinprovinz die Möglichkeit begründet worden, in allen Ge- 
meinden dieser Provinzen die Schulpflicht für nicht mehr schulpflichtige männliche Per- 
sonen unter 18 Jahren durch statutarische Bestimmung einzuführen; in dem Statut sind 
die zur Durchführung der Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen zu treffen, nament- 
lich über die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbesuchs den Schulpflichtigen sowie 
ihren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen, über die Ordnung 
in der Fortbildungsschule und über die Fürsorge für ein gebührliches Verhalten der 
Schüler. — Die Einrichtung und die Lehrpläne gewerblicher Fortbildungsschulen und 
die Einrichtung und Lehrpläne der kaufmännischen Fortbildungsschulen und der kauf- 
männischen Fachklassen an gewerblichen Fortbildungsschulen regelt der Ministerialerlaß v. 
1. Juli 1911, die Aufsicht über die gewerblichen Privatschulen der Ministerialerlaß 
–) 
  
1 Vgl. auch noch die §s§. 142, 1504, 81014,. G. S. 1909, S. v. 
83 10, 101 I, 103 1, 127, 148°, 127blII, 1391. G. S. 1910, S. 129. 
154 der Gew. O. G. S. 1886, S. 143; 1897, S. 41. 
2 G. S. 1897, S. 354. s G. S. 1913, S. 301; dazu die Ausf. Anw. 
3 G. S. 1909, S. 733. v. 16. Aug. 1913 (Landw. M. Bl. 1913, S.304). 
4 G. S. 1904, S. 242. ° Hand. M. Bl. 1911, Nr. 14, S. 167.
	        
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