336 Unterrichtswesen. (§. 152.)
in der Fachlehre und allgemein bildenden Fächern aber nur nebenbei erteilten, entwickelten
sich mit der Zeit Anstalten, welche den praktischen Unterricht einschränkten und an dessen
Stelle den theoretischen Unterricht setzten, bis schließlich die Verbindung mit der land-
wirtschaftlichen Praxis ganz aufgegeben, das Erlernen derselben einer besonderen Lehrzeit
überlassen und die rein theoretische Landwirtschaftsschule ausgebildet wurde. In dem
Maße, wie man hierbei einen höheren Grad landwirtschaftlicher Fachbildung erstrebte,
mußte man auch den Unterricht in den allgemein bildenden Fächern ausdehnen, um die
geistige Fassungskraft der Schüler auf eine höhere Stufe zu heben. Dies erforderte jedoch
wiederum einen längeren Kursus und einen größeren Kostenaufwand. Die Einzelheiten
des Schulplans und der Prüfungsordnung sind sodann im Reglement v. 10. Aug. 1875
(15. Nov. 1892, 3. Juni 1896) geordnet worden. Die Landwirtschaftsschulen haben
durch den Erlaß v. 9. Juni 1887 das Recht erhalten, Befähigungszeugnisse für den
einjährig-freiwilligen Dienst auszufertigen. Ihre Reifezeugnisse sind durch königlichen
Erlaß v. 8. Mai 1895 hinsichtlich der Zulassung zum mittleren Beamtendienst den Reife-
zeugnissen der sechsklassigen höheren Lehranstalten gleichgestellt worden. Die Rangver-
hältnisse der Direktoren und Lehrer der Landwirtschaftsschulen regelte der Allerhöchste Er-
laß v. 27. Mai 1895.1 Für die Ausbildung und Prüfung der Lehrer ist jetzt der
Ministerialerlaß v. 29. Febr. 1908, für die pädagogische Ausbildung der Kandidaten des
landwirtschaftlichen Lehramtes ein weiterer Erlaß v. 29. Febr. 1908 maßgebend. Die
Landwirtschaftsschulen? sind keine Staatsanstalten, sondern Unternehmungen von Städten,
Kreisen, Provinzen und landwirtschaftlichen Vereinen, welche vom Staate subventioniert
werden. Sie gehören zum Ressort des Landwirtschafts= und Kultusministers und unter-
stehen den Bezirksregierungen. »
Fast gleichzeitig mit der Reform der Landwirtschaftsschulen fand die Überweisung
der niederen landwirtschaftlichen Schulen an die Provinzialverwaltungen gelegentlich der
Neuordnung der Provinzialverwaltung statt. Durch das Dotationsgesetz v. 8. Juli 1875
(8. 14) wurde die Pflege des niederen landwirtschaftlichen Unterrichts den Provinzen über—
wiesen. Zu dieser Maßregel veranlaßte die landwirtschaftliche Verwaltung die Erwä—
gung, daß diese niederen Schulen — Acker-, Obst- und Wiesenbauschulen oder land—
wirtschaftliche Winterschulen? — je nach den örtlichen Bedürfnissen und Verschieden—
heiten der Bevölkerung, für welche sie berechnet sind, auch verschieden organisiert und
verwaltet werden müssen. Zu diesem Erkennen und Befriedigen der örtlichen Eigentüm—
lichkeiten und Bedürfnisse war aber die Provinzialverwaltung besser geeignet als die land-
wirtschaftliche Zentralverwaltung. Letztere behielt sich indes bei der Uberweisung das
allgemeine staatliche Schuloberaufsichtsrecht vor." Die Schulen werden von den Land-
wirtschaftskammern, landwirtschaftlichen Vereinen, Städten, Kreisen oder der Provinz
selbst errichtet und unterhalten.
S. 152.
III. Forstschulen.
Zur Ausbildung junger Leute, welche sich dem Staatsdienste im Forstfache widmen
wollen, bestehen die dem Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten unter-
1 G. S. 1895, S. 264. u. 1877, S. 71 zu III; Nachweisung der solcher-
2 Im Jahre 1908 bestanden in Preußen 18 gestalt an die Provinzen übergegangenen Schulen,
landwirtschaftliche Mittelschulen. sowie Näheres über ihre speziellen Verhältnisse
# Näheres über die Ackerbauschulen, landwirt= im Anhang dazu, Abschn. IV, Anlage Nr. 3 zu
schaftlichen Winterschulen, ländlichen Fortbildungs- C, D, E
schulen, allgemeinen Vortragszyklen und Spezial- 5 Schw appach, Art. Forstwesen, D. Forstl.
kurse für praktische Landwirte bei Wohltmann Verwaltungsdienst, in v. Stengel-Fleischmanns
im W. St. V. R. 2, Bd. II, S. 749 f. W. St. V. R.?, Bd. I, 1911, S. 838—840.
4 Immediatbericht für die Jahre 1875, 1876