Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

248 Unterrichtswesen. (8. 132.) 
und daß durch seine Vorwegnahme die Schwierigkeiten sich wesentlich vermindern würden, 
welche dem Erlasse eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes entgegenständen“. 1 Auf Grund 
der Allerhöchsten Ermächtigung v. 11. Dez. 1867 wurden, und zwar zunächst dem 
Herrenhause, zwei Gesetzentwürfe, nämlich a) der Ertwurf eines Gesetzes betreffend die 
Einrichtung und Unterhaltung der öffentlichen Volksschule, b) der Entwurf eines Gesetzes 
betreffend die Pensionierung und Pensionsberechtigung der loehen und Lehrerinnen an 
öffentlichen Volksschulen, zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt.: liber beide 
Gesetzentwürfe hat zwar die zu ihrer Vorberatung erwählte Kommission des Herrenhauses 
Berichte erstattet 3, allein zu einer Beratung darüber im Plenum des Herrenhauses ist 
es nicht gekommen." In der Sitzungsperiode 1868/69 brachte nunmehr die Staats- 
regierung die beiden im Jahre 1867 dem Herrenhause vorgelegten Gesetzentwürfe im 
wesentlichen unverändert, außerdem einen Gesetzentwurf betreffend die Aufhebung der 
letzten Bestimmung des Art. 25 der Verfassungsurkunde (betreffend die Unentgeltlichkeit 
der Erteilung des Unterrichts in der öffentlichen Volksschule) wieder ein und legte diese 
Entwürfe jetzt zuerst dem Hause der Abgeordneten zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme 
vor.? Der Gesetzentwurf betreffend die Aufhebung der letzten Bestimmung des Art. 25 
der Verfassungsurkunde wurde vom Hause der Abgeordneten abgelehnt 5; die anderen bei- 
den Entwürfe gelangten gar nicht zur Beratung.7 
war Minister v. Mühler zu der Überzeugung gelangt, 
stimmung des Art. 26 der Verfassungsurkunde nicht geteilt, 
In der Sitzungsperiode 1869/70 
daß es sich empfehle, die Be- 
sondern in vollem Umfange 
durch ein Gesetz über das gesamte Unterrichtswesen zur Ausführung zu bringen. Es 
wurden daher dem Landtage, 
und zwar zunächst dem Hause der Abgeordneten, 
zwei 
Gesetzentwürfe, nämlich a) der Entwurf eines Unterrichtsgesetzes, b) der Entwurf eines 
  
1 Vgl. die Begründung des Gesetzentw. v. J. 
1867 in den Stenogr. Ber. des H. H. 1867, 
Bd. II, S. 59, Nr. 22. 
2 Vgl. diese Gesetzentwürfe nebst Motiven in 
den Stenogr. Ber. des H. H. 1867—68, Bd. II, 
S. 54 ff., Nr. 22, desgl. in der 2. u. 3. Beilage 
zum Königl. Preuß. Staatsanzeiger v. 17. Dez. 
1867 und in dem Zentralbl. für die gesamte 
Unterrichtsverw. in Preußen, Jahrg. 1867, S. 
713 ff. 
3 Ugl. die beiden Ber. der Komm. des H. H. 
v. 11. u. 19. Febr. 1868 in den Stenogr. Ber. des 
H. H. 1867—68, Bd. II, S. 263, Nr. 86 und 
S. 345, Nr. 102. 
4 Die Auffassung der Kommission des H. H. 
wurde von dem Min. v. Mühler abgelehnt. Vgl. 
hierüber die Bemerk. in der amtl. Schrift: „Die 
Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichts- 
wesens in Preußen“, S. 279—280, desgl. in den 
Motiven des im JI. 1868 vorgelegten Gesetzentw. 
in den Stenogr. Ber. des A. H. 1868—69, Anl. 
Bd. I, Nr. 26, S. 204. Im A. H. gelangte in 
der Sitz. Per. 1867/68 die Frage nur insofern 
zur Beratung, als zahlreiche Petitionen einge- 
gangen waren, welche fast ohne Ausnahme die 
Ablehnung oder doch durchgreifende Anderung 
der beiden dem H. H. vorgelegten Gesetzentwürfe 
verlangten (vgl. das Verzeichnis dieser Petitionen 
in den Stenogr. Ber. des A. H. 1867 —68, 
Anl. Bd. II, S. 759 ff., Nr. 355). Das Haus 
beschloß in der Sit. v. 28. Febr. 1868 (Stenogr. 
Ber. 1867—68, Bd. III, S. 1996—2000) die 
Überweisung dieser Petitionen an den Min. d. 
geistl. Ang. zur Kenntnisnahme. 
5 Vgl. die drei Gesetzentw. nebst Motiven in 
den Drucks. des A. H. 1868—69, Nr. 26, und 
in den Stenogr. Ber. dess. 1868—69, Anl. Bd. I, 
  
S. 197 ff., Aktenst. Nr. 26. Diese Gesetzentw 
nebst Motiven sind auch abgedruckt in dem 
Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverw. in 
Preußen, 1868, S. 643 ff., außerdem in besonderem 
Abdrucke im Verlage von W. Hertz (Bessersche 
Buchhandlung (Berlin, 1868) erschienen. 
" Vgl. den Ber. der Komm. für das Unter- 
richtswesen v. 15. Febr. 1869 (Drucks. des A. H. 
1868—69, Nr. 196, und Stenogr. Ber. 1868— 
69, Anl. Bd. III, S. 1150, Aktenst. Nr. 196) und 
die Verhandl. in der Plenarsitz. v. 9. u. 10. Febr. 
1869 (Stenogr. Ber. des A. H. 1868—69, Bd. II, 
S. 1529—63). 
!* Über diese wurde nicht einmal von der zur 
Vorberatung erwählten Kommission Bericht er- 
stattet. In der Kommission gab indes Min. 
v. Mühler die Erklärung ab, „daß die Staats- 
regierung keineswegs glaube, durch die von ihr 
vorgelegten drei Gesetzentwürfe die Verheißung des 
Art. 26 der Verf. Urk. zu erfüllen, wohl aber der 
Ansicht sei, daß mit der Annahme des Gesetzent- 
wurfs über die Einrichtung und Unterhaltung 
der öffentl. Volksschulen ein wesentlicher Schritt 
vorwärts getan und eine Position für das Ganze 
gewonnen sei; die Staatsregierung habe von jeher 
die Absicht gehabt, ein umfassendes Unterrichts- 
gesetz zustande zu bringen, nur wegen der inneren 
Schwierigkeiten sei es hierzu bisher nicht ge- 
kommen“ (vgl. den Komm. Ber. v. 15. Jan. 1869, 
Stenogr. Ber. des A. H. 1868—69, Anl. Bd. III, 
Aktenst. Nr. 196, S. 1154). übrigens erfolgte 
nunmehr auf den von der Komm. ausgesprochenen 
Wunsch die Veröffentlichung der früheren Ent- 
würfe unter dem Titel: „Die Gesetzgebung auf 
dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen 
vom Jahre 1817—1868, Aktenstücke mit Erläuter. 
aus dem Min. d. geistl., Unterrichts= und Med. 
Ang. (Berlin 1860)“.
	        
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