396 Das Recht der Wirtschaftspflege. (8. 167.)
polizeilichen Bestimmungen in Rücksicht auf den Betrieb der Bergwerke, auch unter
preußischer Herrschaft in Geltung. Auf dem rechten Rheinufer waren dagegen die früheren
provinziellen Gesetze auch während der Fremdherrschaft nicht außer Kraft gesetzt worden.
II. Die Erwägung, daß sehr viele Bestimmungen der in den verschiedenen Landes-
teilen bestehenden Bergordnungen und auch des Abschnittes 4, Tit. 16, Tl. II des All-
gemeinen Landrechts veraltet und den Fortschritten des Bergbaues nicht mehr entsprechend
waren, machte eine durchgreifende Revision des Bergrechtes notwendig, die im Jahre 1825
begonnen, jedoch erst nach vierzig Jahren vollständig zum Abschluß gebracht wurde.17
Das für den ganzen damaligen Umfang der Monarchie ergangene Allgemeine Berg-
gesetz v. 24. Juni 1865 (G. S., S. 705)2 hat die Provinzial-Bergordnungen, die
landrechtlichen Vorschriften über das Bergrecht, das gemeine Deutsche Bergrecht, die
linksrheinische Bergwerksgesetzgebung und alle übrigen allgemeinen und besonderen Gesetze,
Verordnungen und Gewohnheiten über Gegenstände, auf welche das neue Berggesetz sich
bezieht, außer Kraft gesetzt und ist als vollständig neue Kodifikation an die Stelle der
aufgehobenen bisherigen Berggesetze getreten. In den im Jahre 1866 mit der preußi-
1 Schon die im J. 1825 angeordnete allgemeine
Gesetzesrevision erstreckte sich auch auf das Berg-
recht, für dessen Bearbeitung eine besondere Kom-
mission niedergesetzt wurde, deren Arbeiten das
im J. 1833 (als Manufkript) gedruckte Pensum XI
der Gesetzesrevision bilden, bestehend aus dem Ent-
wurfe des gemeinen preuß. Bergrechts und einer
Instruktion zur Verwaltung des Bergregals, nebst
Motiven, in denen zugleich die beizubehaltenden
provinzialrechtlichen Bestimmungen zusammen-
gestellt sind. Neuere umgearbeitete Entwürfe sind
zur Beratung im Staatsministerium gelangt und
auch den Provinzialständen von Schlesien, Sach-
sen, Westfalen und der Rheinprovinz zur Begut-
achtung vorgelegt, und daraus ist ein neuer Ent-
wurf vom I. 1846 hervorgegangen, worauf im
J. 1848 eine neue Kommission (bestehend aus
sachkundigen Bergwerks= und Hüttenbesitzern, des
Faches kundigen Mitgliedern der Nationalver-
sammlung und Bergbeamten) berufen wurde,
deren anderweitig ausgearbeiteter Entwurf schließ-
lich, unter dem Vorsitze des Min. für H., Gew. u.
öffentl. Arb., von einer Ministerialkommission be-
raten und sodann infolge Allerh. Ermächtigung
v. 4. Jan. 1850 der 2. K. zur Beschlußnahme
vorgelegt wurde. (Vgl. diesen Entw. nebst Mo-
tiven in den Stenogr. Ber. der 2. K. 1819—50,
Bd. V, S. 2475 ff.) Dieser Entwurf ist indes in
den Kammern gar nicht zur Beratung gelangt. Die
Staatsregierung betrat nunmehr „zur Beseitigung
derjenigen Hemmnisse und Schranken, welche der
weiteren Entwicklung der Bergwerksindustrie in
der mangelhaften Berggesetzgebung entgegenstan-
den“, zunächst den Weg der Novellengesetzgebung.
Die hauptsächlichsten Gesetze dieser Art sind das
Ges. v. 12. Mai 1851 über die Verhältnisse der
Miteigentümer eines Bergwerkes (G. S., S. 265),
das Ges. v. 10. April 1854 über die Vereinigung
der Berg-, Hütten= und Salinenarbeiter in Knapp-
schaften (G. S., S. 139), das Ges. v. 21. Mai
1860 über die Beaufsichtigung des Bergbaues
durch die Bergbehörden und das Verhältnis der
Berg= und Hüttenarbeiter (G. S., S. 201), das
Ges. v. 10. Juni 1861 über die Kompetenz der
Oberbergämter (G. S., S. 425 ff.) und das Ges.
v. 5. Juni 1863 über die Verwaltung der Berg-
bauhilfskassen (G. S., S. 365), von welchen je-
doch nur das Ges. v. 10. April 1854 und das
Ges. v. 10. Juni 1861 auch auf die linksrheini-
schen Landesteile Anwendung fanden. Durch diese
Spezialgesetzgebung, in Verbindung mit zahl-
reichen, nebenher ergangenen Verwaltungsvor-
schriften, erlitt die ältere Rechtsverfassung des
preuß. Bergbaues eine gänzliche Umgestaltung.
Daslandrechtliche und provinzielle Bergrecht wurde
dadurch so wesentlich geändert, daß nur noch
unzusammenhängende Bruchstücke bestehen blieben.
Aber auch die übriggebliebenen Teile des älteren.
Rechtes erwiesen sich vielfach als unverträglich
mit den Interessen des Bergbaues, und selbst bei
den erst durch die Novellengesetzgebung neuge-
stalteten Rechtszuständen machte sich schon bald
die Notwendigkeit einer fortschreitenden Reform
geltend. Dies führte zu der Überzeugung, daß
es unerläßlich sei, den früheren Plan einer Kodi-
fikation des Bergrechtes wieder aufzunehmen, und
daß das zu erlassende Berggesetz das ganze Staats-
gebiet, einschließlich des Bereiches des französischen
Bergrechtes auf dem linken Rheinufer, umfassen
müsse. Daher wurde im J. 1862 im Min. für
H., Gew. u. öffentl. Arb. ein „vorläufiger Ent-
wurf zu einem allgem. Berggesetze für die preuß.
Staaten“ nebst Motiven ausgearbeitet, der sowohl
den beteiligten Behörden zur Begutachtung mit-
geteilt, als auch durch den Druck in die Offent-
lichkeit gebracht wurde. Gestützt auf die einge-
gangenen Gutachten und Kritiken wurde dann
ein anderer „Entwurf eines allgem. Berggesetzes
für die preuß. Staaten“ ausgearbeitet und in der
Sitz. Per. 1865 dem Landtage der Monarchie zur
Beschlußnahme vorgelegt und von diesem genehmigt.
* Vgl. Achenbach, Das gemeine deutsche Berg-
recht in Verbindung mit dem preuß. Bergrechte,
unter Berücksichtigung der Berggesetze Bayerns,
Sachsens, Osterreichs und anderer deutschen Länder
dargestellt, 2 Tle., 1871; Klostermann, Lehrb.
des preuß. Bergrechtes mit Berücksichtigung der
übrigen deutschen Bergrechte, 1871.
3 Nach §. 250 A. B. G. ist an den Rechten der
früher reichsunmittelbaren Standesherren, sowie
derjenigen, die auf Grund besonderer Rechtstitel
das Bergregal in gewissen Bezirken allgemein
oder für einzelne Mineralien zusteht, nichts ge-
ändert worden; es unterliegt jedoch, unbeschadet
dieser Rechte, auch der Bergbau in jenen Bezirken
den Bestimmungen des Allgem. Berggesetzes. —