410 Das Recht der Wirtschaftspflege. (8. 174.)
soll. Die Verordnung hat (§. 3) alle entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere die
Verordnung für das vormalige Königreich Hannover v. 29. März 1856 betreffend die
Anlage von Eisenbahnen durch Privatunternehmer, ausdrücklich aufgehoben. — Das Gesetz
gilt auch im Jadegebiet seit 1873 und in Waldeck seit 1870.
Da in den Hohenzollernschen Landen bis zum Jahre 1865 Eisenbahnanlagen nicht
zur Ausführung gekommen waren, so ergab sich das Bedürfnis einer gesetzlichen Regelung
der betreffenden Verhältnisse, die durch das Gesetz v. 1. Mai 1865 betreffend die Anlage
von Eisenbahnen in den Hohenzollernschen Landen (G. S., S. 317) erfolgt ist. Dieses
Gesetz beschränkt sich im wesentlichen darauf, die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes v.
3. Nov. 1838 auf die Hohenzollernschen Lande auszudehnen, ohne welche mit der Anlage
von Bahnen nicht vorgegangen werden konnte. Daneben gelten Staatsverträge mit
Württemberg und Baden.
Mit Hessen hat Preußen einen Staatsvertrag über die gemeinschaftliche Verwaltung
des beiderseitigen Eisenbahnbesitzes v. 23. Juni 1896 und einen Vertrag v. 8./9. Juli
1896 betreffend den Übergang des Hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Unternehmens auf den
preußischen und hessischen Staat abgeschlossen. Durch Gesetz v. 16. Dez. 1896 (G. S.,
S. 215) 1 wurde die preußische Staatsregierung unter Genehmigung der beiden Verträge
ermächtigt, in Gemeinschaft mit der hessischen Staatsregierung das Unternehmen der
Hessischen Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft käuflich zu erwerben und zunächst für gemeinsame
Rechnung zu verwalten, sodann aber den gesamten preußischen und hessischen Staatseisenbahn=
besitz zu einer Betriebs= und Finanzgemeinschaft zu vereinigen. Zwischen Preußen,
Baden und Hessen wurde ein Vertrag abgeschlossen über die Vereinfachung der Ver-
waltung der Main-Neckar-Bahn v. 14. Dez. 1901, der durch das Gesetz v. 7. Juni 1902
(G. S., S. 297) genehmigt wurde. Die Main-Neckar-Bahn wird vom 1. Okt. 1902
ab durch die Königlich Preußische und Großherzoglich Hessische Eisenbahndirektion in Mainz
unter Oberaufsicht der Zentralstelle der Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft mit
verwaltet.
Der Ausbau des Eisenbahnnetzes nach Anlegung durchgehender Linien, die dem
öffentlichen Verkehr über die örtlichen Interessen hinaus dienen, durch Nebenbahnen
führte zum Erlaß eines Gesetzes, das an diese Bahnen nicht die gleichen Anforderungen
stellt, wie das Eisenbahngesetz an die größeren Bahnen. Das Gesetz v. 28. Juli 1892
(G. S., S. 225) gilt für Kleinbahnen und für Privatanschlußbahnen (Kleinbahngesetz).
Die Kleinbahnen (§. 1) dienen dem öffentlichen Verkehr und haben keine über das ört-
liche Interesse hinausgehende Bedeutung. 3 Die Privatanschlußbahnen (§. 43) dienen dem
öffentlichen Verkehr nicht.
III. Die Verfassung des Deutschen Reiches hat in Art. 4, Nr. 8 die Bestimmung
getroffen, daß im ganzen Reichsgebiete, mit Ausnahme von Bayern, das Eisenbahnwesen
der Beaufsichtigung des Reiches" und der Gesetzgebung 5 desselben im Interesse der
Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs unterliegt. In weiterer Ausführung dessen
hat die Reichsverfassung in dem Abschnitt VII über das Eisenbahnwesen (Art. 41—47)
folgende Bestimmungen getroffen:
1. Eisenbahnen, welche im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder im
Interesse des gemeinsamen Verkehrs für notwendig erachtet werden, können kraft eines
Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisen-
bahnen durchschneiden, unbeschadet der Landeshoheitsrechte, für Rechnung des Reiches
1 Gesetz betr. den Erwerb des Hessischen Lud-
wigs-Eisenbahn-Unternehmens für den preuß. und
hessischen Staat, sowie die Bildung einer Eisen-
bezirke vermitteln, sowie Bahnen, die nicht mit
Lokomotiven betrieben werden (Kleinbahnges.,
§. 1, Abs. 2).
bahnbetriebs- und Finanzgemeinschaft zwischen
Preußen und Hessen v. 16.Dez. 1896(G. S., S. 215).
2 Eger, Art. Kleinbahnen, W.-, Bd. II, S. 578;
Gleim, H. d. St.“, Bd. V, S. 860.
* Zu den Kleinbahnen gehören die Bahnen,
die hauptsächlich den örtlichen Verkehr innerhalb
eines Gemeindebezirks oder benachbarter Gemeinde-
4 Zentralaufsichtsbehörde ist das durch Ges. v.
27. Juni 1873 (R. G. Bl., S. 164) errichtete
Reichseisenbahnamt.
5 Die Eisenbahnunternehmungen unterliegen
nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung
(Gewerbeordn., §. 6, Abs. 1), auch die Nebenbe-
triebe nicht.