Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Zweite Abteilung. (3_2)

412 Das Recht der Wirtschaftspflege. (8. 175.) 
§. 175. 
II. Anlage und Genehmigung von Eisenbahnen. 
I. Eisenbahnen, die dem Eisenbahngesetz unterstehen sollen, bedürfen zu ihrer Anlage 
der landesherrlichen Genehmigung. Kleinbahnen werden durch die im Kleinbahngesetz 
bezeichneten Landesbehörden genehmigt. Ob die Voraussetzung für die Anwendbarkeit 
des Eisenbahngesetzes oder des Kleinbahngesetzes vorliegen, entscheidet auf Anrufen der 
Beteiligten das Staatsministerium. 
Wer eine Eisenbahn anlegen will, hat sich an den Minister der öffentlichen 
Arbeiten zu wenden und demselben die Hauptpunkte der Bahnlinie, sowie die Größe des 
zu der Unternehmung bestimmten Aktienkapitals genau anzugeben. Findet sich gegen die 
Unternehmung im allgemeinen nichts zu erinnern, so ist der Plan einer sorgfältigen 
Prüfung zu unterwerfen. Wird infolge dieser Prüfung die landesherrliche Genehmigung 
erteilt, so hat der Minister der öffentlichen Arbeiten, unter Eröffnung der etwa nötig 
befundenen besonderen Bedingungen und Maßgaben, eine Frist festzusetzen, binnen welcher der 
Nachweis zu führen ist, daß das bestimmte Aktienkapital gezeichnet und die Gesellschaft, 
nach einem unter den Aktienzeichnern vereinbarten Statute, wirklich zusammengetreten sei.“ 
II. Das Statut muß zur landesherrlichen Bestätigung eingereicht werden, zuvor 
jedoch der Bauplan im wesentlichen festgestellt worden sein. Erst durch die Bestätigung 
des durch die Gesetzsammlung zu publizierenden Statuts erlangt die Gesellschaft die 
Rechte einer Korporation (§. 3). Auch zur Anlage von Zweigbahnen 5 bedarf es der 
landesherrlichen Konzession (§. 5). Dagegen ist die Genehmigung der Bahnlinien in 
ihrer vollständigen Durchführung durch alle Zwischenpunkte dem Minister der öffentlichen 
Arbeiten vorbehalten, an dessen Genehmigung auch die Verhältnisse der Konstruktion, so- 
wohl der Bahn als der anzuwendenden Fahrzeuge, gebunden sind (8. 4).“ 
III. Die Vorschriften des §. 2 des Eisenbahngesetzes über die Bildung der Eisen- 
bahngesellschaften, die Ausstellung der Aktien und die Verpflichtungen der Aktienzeichner 
sind durch die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches ersetzt worden. 
IV. Die zur Errichtung einer Eisenbahn erteilte Konzession wird verwirkt und die 
Bahn mit den Transportmitteln und allem Zubehör für Rechnung der Gesellschaft öffent- 
lich versteigert, wenn diese eine der allgemeinen oder besonderen Bedingungen nicht erfüllt 
und eine Aufforderung zur Erfüllung binnen einer endlichen Frist von mindestens drei 
Monaten ohne Erfolg bleibt (Eisenbahnges., S. 47). 
V. Eisenbahnen und Kleinbahnen, deren Unternehmer verpflichtet ist, für die Dauer 
der ihm erteilten Genehmigung das Unternehmen zu betreiben, bilden mit den dem Unter- 
nehmen gewidmeten Vermögenswerten eine Bahneinheit, die in das Bahngrundbuch 
einzutragen ist.7 
1 Nur diese Bahnen gelten als Eisenbahnen 
im Sinne des Eisenbahngesetzes und der Reichs- 
verfassung. 
2 Provinzial= oder Lokalbehörde. 
5 Kleinbahnges., §. 3. 
4 Eisenbahnges., §. 1. — Das Eisenbahn- 
unternehmerrecht (vgl. Fritsch, Handb. zu 
Eisenbahnges., §. 26 52) umfaßt: die Herstellung 
und Unterhaltung der Bahnanlage, den eigent- 
lichen Bahnbetrieb (Fuhrgeschäft) und die Be- 
förderung von Personen und Sachen (Fracht- 
geschäft). — Dem Antrage auf Erteilung der 
Genehmigung einer Kleinbahn sind die zur Beur- 
teilung des Unternehmens in technischer und 
finanzieller Hinsicht erforderlichen Grundlagen, 
insbesondere ein Bauplan beizubringen. Klein- 
bahnges., §. 6. Privatanschlußbahnen bedürfen 
  
der Genehmigung, wenn sie mit Eisenbahnen oder 
Kleinbahnen derart in unmittelbarer Gleisver- 
bindung stehen, daß ein Übergang der Betriebs- 
mittel stattfinden kann. Kleinbahnges., §. 43. 
5 Soweit sie dem öffentlichen Verkehr dienen. 
6 ber die Planfestsetzung durch den Min. 
d. öffentl. Arb. vgl. Fritsch, Handb. zu Eisen- 
bahnges., §. 4 11: Planfestsetzung ist die rechts- 
wirksame Bestimmung über Lage, Gestaltung 
und Beschaffenheit der Bahnanlage in allen Be- 
standteilen und darüber, ob, wo und wie besondere 
Anlagen — Nebenanlagen — zum Schutze der 
durch die Bahnanlage berührten öffentlichen oder 
privaten Interessen auszuführen sind. 
* Ges. über die Bahneinheiten, neue Fassung 
v. 8. Juli 1902 (G. S., S. 237).
	        
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